RSO Wien spielt Berg und Rott

Verkanntes Meisterwerk in Salzburg

In diesen Wochen zeigt das ORF Radio-Symphonieorchester Wien die gesamte Palette seines Könnens: Nachdem es zuletzt gemeinsam mit dem Musiker Chilly Gonzales die Pfade der klassischen Hochkultur verlassen hat, ist es am Sonntag in Salzburg, der Hochburg klassischer Kultur, zu hören. Auf dem Programm stehen Werke von Alban Berg und Hans Rott.

Kulturjournal, 12.08.2011

Studienkollege von Gustav Mahler

Ausgangspunkt für das Konzert war das Mahlerjahr - doch man wollte sich nicht auf den Komponisten dessen Todestag sich im Mai zum 100. Mal gejährt hat allein beschränken, sondern auch dessen Zeitgenossen und Freunde berücksichtigen. So ist am Sonntag, 14. August 2011 Hans Rotts 1. Symphonie zu hören.

Rott war der außereheliche Sohn des seinerzeit berühmten Wiener Schauspielers Karl Mathias Rott. In seiner Kompositionsklasse am Wiener Konservatorium waren unter anderem Mathilde Kralik, Gustav Mahler und Ernst Ludwig. Als am 2. Juli 1878 der Conkurs für Komposition stattfand, wurden alle Teilnehmer mit Preisen ausgezeichnet, nur Hans Rotts Arbeit, der erste Satz seiner Symphonie, blieb ohne Preis. Aus heutiger Sicht unverständlich.

Schwere psychische Krankheit

1880 verließ Rott Wien. Bei der Abreise manifestierte sich seine schwere psychische Krankheit - seinerzeit als "halluzinatorischer Irrsinn und Verfolgungswahn" bezeichnet. Er verstarb 1884.

Seine Symphonie in E-Dur - wie seine anderen Werke auch seit 1950 in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt - wurde in den 1980er Jahren von Paul Banks bearbeitet, veröffentlicht und 1989 in Cincinnati, Ohio in den USA vom Cincinnati Philharmonia Orchestra uraufgeführt.

Erstaunlich modern

Ein erstaunlich modern anmutendes Werk, das Elemente der Symphonien Gustav Mahlers antizipiert meint auch Cornelius Meister: "Das Werk ist außerordentlich vielfältig. Es ist gekennzeichnet durch eine starke Beschäftigung mit den damals gerade aktuellen Meistern wie Bruckner und Brahms. Das Verblüffende ist, das in dem Werk einige Takte enthalten sind, wo wir, wenn wir nicht wüssten, wann das Werk komponiert ist, sagen würden: Ah, da hat Rott bei Mahler abgeschrieben. Aber Tatsache ist, dass die Mahler'schen Werke später komponiert wurden als jene von Rott." Besonders die Anlage des Werke hat es Meister angetan: "Diese Verbindung aus großem Formbewusstsein einerseits und andererseits einer wirklichen Sprengung jeglicher Grenzen." Das sei auch Kennzeichen für Rotts Persönlichkeit, so Meister.

Rotts erster Symphonie ist das Violinkonzert "Dem Andenken eines Engels" von Alban Berg gegenübergestellt. Es gehört mit der Oper "Wozzeck" zu den bekanntesten Werken des Komponisten und ist der 18-jährigen, an Kinderlähmung erkrankten und verstorbenen Manon Gropius, der Tochter Alma Mahler-Werfels aus der Ehe mit dem Architekten Walter Gropius, gewidmet. Solistin in Salzburg ist Patricia Kopatchinskaja.

Service

Als Einstimmung zum Konzert liest Helmut Bohatsch um 19:30 Uhr im Rahmen der Ö1 Sendereihe "Musik per Post" Briefe, die Hans Rott aus der Niederösterreichischen Landes-Irrenanstalt an seine Freunde geschrieben hat.

Das Konzert aus der Salzburger Felsenreitschule wird Sonntag, 14. August 2011 um 20:00 live im Programm Österreich 1 übertragen.

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