Optimismus trotz Gräuel und Chaos

Wasser- und Treibstoffmangel in Tripolis

Während immer neue Berichte über Gräueltaten auftauchen, normalisiert sich das Leben in Tripolis allmählich wieder. Die letzten Kämpfe toben vor allem um Sirte. Die größeren Probleme sind nun die Versorgung mit Treibstoff und Wasser sowie der Aufbau einer funktionierenden Verwaltung, berichtet ORF-Korrespondent Karim el-Gawhary aus Tripolis.

Mittagsjournal, 29.08.2011

Karim el-Gewahary im Gespräch mit Christian Williwald

Gaddafi endgültig weg

Es gibt keine Entscheidungsschlacht mehr, die wurde zuletzt in Tripolis geführt. Die Hauptstadt ist wieder ruhig, die Leute gehen wieder auf die Straße, auch Frauen und ganze Familien sind zu sehen. Letzte Kämpfe konzentrieren sich jetzt um Gaddafis Geburtsstadt Sirte zwischen Tripolis und Bengasi. Aber die Gaddafi-Kämpfer können nichts mehr bewirken. Keiner rechnet noch damit, dass Gaddafi zurückkommen könnte.

Kaum Wasser und Treibstoff

Das größte Problem ist jetzt die Versorgungslage. Es fehlt an Treibstoff, dann der fehlt sowohl den Elektrizitätswerken als auch den Wasserpumpen, die auch mit Diesel betrieben werden. In Tripolis gibt es deswegen kein Wasser mehr, außer dort, wo die Leute private Brunnen haben.

Optimistische Stimmung

Trotz aller Mängel sind die Menschen geduldig und guter Dinge. Sie sind zuversichtlich, nach 40 Jahren Gaddafi das jetzt auch noch durchzustehen. Jetzt kommen auch bereits wieder die ersten Schiffe nach Tripolis, unter anderem um Wasser zu liefern. Die Chancen sind groß, dass sich die Lage in den nächsten Tagen verbessert.

Herausforderung Verwaltung

Politisch hat die Übergangsregierung die Macht in der Hauptstadt übernommen. Jeden Tag kommen neue Minister hier an und beginnen zu arbeiten. Die Verwaltung muss aber erst aufgebaut werden. Das ist die zweite große Herausforderung der neuen Regierung neben der Versorgungslage.

Politstreit kommst erst noch

Der politische Streit zwischen denen, die vom alten Regime möglichst vieles retten wollen, und jenen, die den Neuanfang vertreten, wird dann in den Institutionen ausgefochten werden. Das kenne man unter anderem von Ägypten. Die Angelegenheit ist nicht in dem Moment vorbei, in dem der Diktator weg ist. Ein Land nach 40 Jahren Diktatur völlig umzukrempeln - da muss es auch Streitigkeiten geben, weil die Leute unterschiedliche Ansichten haben, wie das funktionieren soll.