Der Roman als Tagebuch - oder doch nicht

Navid Kermanis "Dein Name"

Soeben ist der Roman "Dein Name" von Navid Kermani erschienen. Das neueste Werk des Schriftstellers und Orientalisten, das immerhin mehr als 1200 Seiten umfasst, hat es bereits auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis geschafft.

Kultur aktuell, 30.08.2011

Der Roman liest sich zunächst wie ein Tagebuch, beginnend am Donnerstag, dem 8. Juni 2006 um 11:23 Uhr, eigentlich sechs Minuten früher, da die Uhr des Protagonisten vorgeht - und endet fünf Jahre und 1.220 Seiten später am 11. Juni 2011. Und doch - es handelt sich nicht um ein Tagebuch, worauf auch gleich zu Beginn des Romans hingewiesen wird - Es sind Gedanken, Alltäglichkeiten und Vorkommnisse rund um den im Buch die Hauptrolle spielendenden Romanschreiber Navid Kermani, die sich in einem Fluss - ohne Einteilung durch Kapitel oder dergleichen auf den Lesenden ergießen. Der Autor beschreibt sich selbst mal in der ersten, mal in der dritten Person.

Ungewöhnlich sind auch die in den Text eingeschobenen teils sehr ausführlichen Nachrufe auf dem Autor nahestehende Menschen (ob nun intellektuell, politisch oder familiär), die innerhalb dieser fünf Jahre sterben - jeweils versehen mit einem Foto; laut Navid Kermani die für ihn adäquateste Methode, mit Verlusten umzugehen.

Ein wichtiger Strang ist auch die Auseinandersetzung mit der Literatur - in den Roman sind Navid Kermanis Frankfurter Poetikvorlesungen eingeflossen - mit Schwerpunkt auf Jean Paul und Hölderlin - doch auch J.M. Coetzee, Philip Roth oder Josef Winkler bekommen ihre Komnmentare ab.

"Dein Name" ist ein Roman, wie es noch keinen gab - verspricht der Verlag - für die einen ist es tatsächlich eines der wichtigsten Bücher des Herbstes - für manch andere aber wird der Autor wörtlich unter dem Mammutwerk begraben.

Textfassung: Joseph Schimmer