Abschluss einer "Moment"-Serie mit Studierenden

Berufe auf der roten Liste

Studierende haben zwei Sendewochen von "Moment - Leben heute" gestaltet und dabei erfahren, wie sehr den Ö1 Hörer/innen alte Berufe am Herzen liegen.

"Geh auf Sendung!" ist das Motto eines Projekts des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien für Ö1 Campus. Studierende produzieren für das experimentelle Ö1 Webradio unterschiedlichste Beiträge und Sendungen.

Weil ihre Ergebnisse in meiner Lehrveranstaltung im vergangenen Sommersemester so ausgezeichnet waren, habe ich die Gruppe eingeladen, nicht nur für Ö1 Campus im Web sondern für Ö1 im Äther zu produzieren. Themenvorgabe war, eine "Rote Liste der Berufe" abzuarbeiten. Für "Moment - Leben heute" sollten unterschiedlichste Berufe porträtiert werden, die aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen der technischen Weiterentwicklung vom Aussterben bedroht scheinen.

Vom Schrankenwärter...

Zwei Wochen im August wurden reserviert und schon am 1. August war ein "klassisches" Thema an der Reihe: der Bahnschrankenwärter, der immer mehr durch elektronisch gesteuerte Schrankenanlagen ersetzt wird und ein Thema klassischer Literatur ist, eine Tätigkeit, die wenig Arbeit scheint, bei der aber ein einziger Fehler tödlich sein kann. Es wurde ganz kultursenderadäquat das Gewerbe der Buchbinderin vorgestellt, und einer der letzten Vertreter seiner Art porträtiert: der Maschinensetzer Friedrich Brandstetter, der um die weitere Verwendbarkeit seiner riesigen Bleisatzmaschinen kämpft, obwohl die Technologie durch die Elektronik fast obsolet geworden ist: immerhin, er hat eine junge Interessierte gefunden, die sich von ihm im Schnellverfahren einschulen lässt.

Die Zeit drängt nicht nur hier - der Lauf der Zeit scheint unerbittlich: einen Pecher-Betrieb gibt es noch in Niederösterreich, der Harz aus Kiefern gewinnt, kleine Kinos und mit ihnen der Beruf des Filmvorführers bzw. wie im konkreten Fall der Filmvorführerin sind gefährdet. Und was eine "Säcklerin" ist weiß ohnedies kaum jemand: dass in dieser Sendereihe neben dem Porträt einer mutigen Modistin vom diesem Beruf die Rede war, hat mit dem Anruf eines Hörers zu tun: er meldete sich und sprach vom Ärger seiner Tochter, einer Jägerin, dass sie in Österreich kaum jemanden finde, der die Felle der getöteten Tiere gerben könnte. Er - der Vater - sei ja Vegetarier, aber es sei doch schade, wenn man nicht möglichst viel vom gejagten Tier verwerten könne, deshalb wäre es doch interessant von der Gerberei zu berichten, die gehöre doch auch auf diese "rote Liste".

...zur Säckelrin

Eine Ö1 Praktikantin hatte sich da schon auf den Weg gemacht, um nach einem Gerber zu suchen und fand in derselben Familie eine Säcklerin. Die Tochter eines Gerbers wandte sich der weiteren Verfeinerung des Materials zu und stellt traditionelle Lederhosen und ähnliches her.

Die Pflege alter Technik hilft auch traditioneller Arbeitsweise: gebe es keine Oldtimer-Liebhaber hätte Automobilhandwerk weniger Chancen, und ein Schreibmaschinenmechaniker - der könnte nur mehr auf seinem zweiten Standbein, der Büroelektronik, stehen, aber solange es einen Willen zum Erhalten gibt, gibt es die Chance, dass nicht erst Restauratoren mit alter Technik und Tradition zu tun haben, sondern dass auch die Berufe von der "roten Liste" erhalten bleiben.

In der letzten Folge der Reihe allerdings scheppert und klingt es historisch: der Besuch im mechanischen Klangmuseum in Haslach in Oberösterreich zeigt, dass man - wenn man rechtzeitig aufpasst - Dinge, statt sie als Gerümpel abzuqualifizieren zu Museumsobjekten machen kann.

Sendungsgestalter/innen:

Claudia Aurednik, Vera Bandion, Christian Budel, Johannes Grüner, Stefanie Leodolter, Phoebe Maares, Ute Stocker, Ao Zhou