Muslime in den USA
Zehn Jahre nach 9/11
Akbar Ahmed, Professor für islamische Studien an der American University in Washington, besuchte in den USA 100 Moscheen in 75 Städten, um herauszufinden, wie es um die bis zu sieben Millionen Muslime in den Vereinigten Staaten steht, zehn Jahre nach den Anschlägen von 9/11. Die Anschläge haben auch das Leben der meisten Muslime über Nacht auf den Kopf gestellt.
26. April 2017, 15:09
Mittagsjournal, 03.09.2011
Düstere Bilanz
Reisen bildet, das dachte sich wohl der ehemalige Botschafter Pakistans in Großbritannien, Akbar Ahmed. In seiner heutigen Funktion als Professor für islamische Studien an der American University in Washington besuchte er innerhalb eines Jahres ganze 100 Moscheen in 75 amerikanischen Städten, um herauszufinden, wie es um die bis zu sieben Millionen Muslime in den Vereinigten Staaten steht, zehn Jahre nach den Anschlägen von 9/11. Anschläge, die auch das Leben der meisten Muslime damals über Nacht auf den Kopf gestellt haben.
Über Nacht geändert
"Ich finde, 9/11 hat für die Muslime alles verändert. Vorher war die Gemeinschaft hier wohl eine der am besten integrierten der gesamten westlichen Welt. Nach 9/11 hat sich das über Nacht geändert."
Es habe Jahre gedauert, bis sich die muslimischen Gemeinden von diesem Schock erholt hätten, so der ehemalige Botschafter Pakistans, der selbst islamischen Glaubens ist. Dass es auch heute noch Übergriffe, Angst und Misstrauen gebe, sei auch auf eigene Versäumnisse zurückzuführen: "Die religiösen Führer der Muslime haben versagt, den Islam zu erklären."
Hass-Propaganda
Die rechte Szene habe dieses Vakuum mit ihrer Hass-Propaganda ausgenutzt, so Professor Akbar Ahmed. Auch Politiker instrumentalisieren den Islam, ganze 20 Prozent der US Bürger glauben, dass Präsident Barack Obama ein Muslim sei.
Widersprüchliches Bild
Die Umfragen über die Befindlichkeit der Muslime in den USA zeichnen ein widersprüchliches Bild. Sechs von zehn US-Bürgern sehen Benachteiligungen für Muslime. Doch diese selbst fühlen sich mit einer Mehrheit von fast 80 Prozent in den Staaten sehr gut aufgehoben. Der Islam-Forscher dazu:
"Viele von ihnen kommen aus Staaten wie Libyen, dem Irak und dem Iran. Sie sind den Systemen dort entkommen - für sie ist das Leben hier auf jeden Fall besser, trotz mancher Vorurteile und Anfechtungen."
Prügel für pakistanischen Buben
Und zu Übergriffen komme es immer wieder, von Drohungen gegen Moscheen, dem Mord an einem muslimischen Taxilenker in New York bis zu den Prügeln für einen zehnjährigen Buben aus Pakistan, dem er auf seiner Reise durch 100 Moscheen in New York begegnet ist, so Islamforscher Akbar Ahmed.
"Er erzählt, dass er in der Schule verprügelt werde, weil er ein Terrorist sei. Dabei ist seine Mutter in Pakistan bei einem Anschlag der Taliban getötet worden. Können sie sich vorstellen, wie sich dieser Bub fühlt, wenn er Schläge bekommt, weil er ein Terrorist sein soll."
Regionale Unterschiede
Die Muslime in den USA sind keine geschlossene Gruppe. Vor allem zwischen den dominierenden Gemeinschaften, den afro-amerikanischen Muslimen den Einwanderer aus dem mittleren Osten und Südostasien und den Weißen, die zum Islam übergetreten sind, gebe es wenig Berührungspunkte.
Und genauso, so Professor Akbar Ahmed, zeige sich ein großer regionaler Unterschied bei den noch immer spürbaren Folgen der Anschläge vom 11. September 2001:
"9/11 konzentriert sich auf New York und Washington, diese Städte wurden direkt getroffen, dort sehen wir große Spannungen bei den Muslimen. Sie fühlen sich unterschwellig für die Anschläge verantwortlich gemacht. An der Westküste wird 9/11 nicht mit den dortigen Gemeinden verbunden. Die Muslime in Kalifornien sind viel entspannter."