Verhandler Rabbani von Taliban ermordet
Nach Rabbani: Wie geht Friedensprozess weiter?
Hunderte Menschen haben heute in Afghanistans Hauptstadt gegen die Ermordung des bekannten und umstrittenen Politikers Burhanuddin Rabbani protestiert. Er war zuständig für die Friedensverhandlungen mit der radikalislamischen Taliban. Damit wächst die Angst vor der Gewalt in Afghanistan. Der politische Prozess soll aber fortgesetzt werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.09.2011
Bombe im Turban versteckt
Schon seit Tagen warteten die Selbstmordattentäter auf ihr prominentes Opfer. Sie hatten sich als Botschafter der Taliban ausgegeben und dringend um einen persönlichen Termin mit Burhanuddin Rabbani gebeten. Rabbani führte seit einem Jahr als Chef des hohen Friedensrates die Verhandlungen mit der radikalislamischen Taliban an. "Frieden sei nicht unmöglich.", hatte Rabbani noch vor einem Jahr bei seinem Amtsantritt als Chef des Friedensrates gesagt. Doch als er die beiden Repräsentanten der Taliban gestern Abend schließlich zu einem Gespräch in seinem Haus empfing, beugte sich einer der beiden Talibankämpfer tief zu ihm herab, und ließ eine in seinem Turban versteckte Bombe explodieren. Rabbani, vier Bodyguards und die beiden Selbstmordattentäter starben.
Karzai reist zu Begräbnis
Afghanistan werde Rabbani sehr, sehr vermissen, sagte Afghanistans Präsident Hamid Karzai in New York am Rande der UNO Generalversammlung und reiste frühzeitig wieder ab, um beim heutigen Begräbnis dabei sein zu können.
Mitbegründer der Mujaheddin und Ex-Präsident
Burhanuddin Rabbani gehört tatsächlich zu den bekanntesten und wichtigsten Politikern Afghanistans. Als einer der Mitbegründer der Mujaheddin führte er einst den Kampf gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan an. 1992 bis 1996 bis zur Machtübernahme der Taliban war er Präsident Afghanistans, seit einem Jahr sollte er eine friedliche Lösung des ewigen Krieges in Afghanistan finden.
Politischer Prozess wird fortgesetzt
"Es gibt keine militärische Lösung für den Krieg in Afghanistan, betont Jannan Mussasel, Sprecher des afghanischen Außenministeriums auch nach der Ermordung Rabbanis. "Die Menschen in Afghanistan haben 30 Jahre lang gelitten, nur eine politische Lösung könne den Krieg beenden, daher werde der eingeschlagene Verhandlungsweg auch nach Rabbanis Tod fortgesetzt."
Anschlag: Zeichen für Verzweiflung der Taliban?
Man dürfe sich nicht einer kleinen Fraktion beugen, die den Friedensprozess zum Scheitern bringen wolle, so der Sprecher des afghanischen Außenministeriums. Sowohl die USA als auch Afghanistans Behörden wollen in dem Anschlag ein Zeichen für die zunehmende Verzweiflung der Taliban sehen: "Es zeigt ihre Verzweiflung, die Tatsache, dass sie besonders im letzten Jahr große militärische Verluste hinnehmen mussten und jetzt auf die Ermordung wichtiger afghanischer Politiker zurückgreifen.", so Jannan Mussasel.
Experte: Noch gar kein Friedensprozess
Doch die Ermordung Rabbanis lässt nicht nur die Zweifel an der zunehmend prekären Sicherheitslage in Kabul weiter wachsen, auch der von Präsident Karzai eigeleitete Friedensprozess wird hinterfragt: "Ich glaube nicht, dass Rabbanis Tod den Friedensprozess zum entgleisen bringt, denn von einem Friedensprozess könne derzeit noch gar keine Rede sein.", sagt Afghanistanexperte Francesc Vendrell.
Rabbani war umstritten
Die bisherigen Gespräche waren laut Vendrell noch keine wirklichen Verhandlungen, sondern nur eine Kontaktaufnahme. Für wirkliche Verhandlungen brauche man einen professionellen strukturierten Prozess, so Vendrell, der außerdem darauf hinweist, dass Rabbani als Friedensvermittler umstritten war.
Friedensverhandlungen im Ausland
Man müsse eine geeignete Person finden, und dann einen Prozess einleiten, der nicht in afghanischen Privathäusern stattfindet, sondern in einem Dritten Land unter Vermittlung einer Organisation wie der UNO.