Karl Markovics Regie-Debüt

"Atmen" startet in den Kinos

Schauspieler Karl Markovics hat am Regiesessel Platz genommen - und das höchst erfolgreich. Sein Debüt "Atmen" war in Cannes zu sehen und wird jetzt von Österreich ins Oscar-Rennen geschickt. Der Film, der vom ORF Co-finanziert wurde, läuft am Freitag, 30. September 2011 in den heimischen Kinos an.

Mittagsjournal, 26.09.2011

Geschichte eines Freigängers

Der 19-jährige Roman Kogler steht kurz vor seiner Haftentlassung. Er ist Freigänger und auf der Suche nach einem Job. Nach dem erfolglosen Versuch, bei einem Tischler unterzukommen, landet er bei der Bestattung Wien. Die Kollegen dort begegnen ihm wegen seiner Vergangenheit distanziert.

"Dieser junge Mann ist ja im doppelten Sinne gefangen. Das innere Gefängnis, sein eigenes In-sich-gefangen-Sein wiegt wahrscheinlich noch stärker als das äußere Gefängnis oder das konkrete Gefängnis einer Strafanstalt", beschreibt Karl Markovics seine Hauptfigur. Gespielt wird sie von Thomas Schubert, der aus 300 Bewerbern ausgewählt wurde und ein beeindruckendes Schauspieldebüt abliefert.

Strenge Bildsprache

Markovics erzählt die Geschichte seines wortkargen Einzelgängers in einer strengen Bildsprache. Schnellbahnstationen, die kahlen Gänge der Jugendstrafanstalt und der Kühlraum in der Bestattung Wien wurden von Kameramann Martin Gschlacht klar gerahmt und in ein kaltes Licht getaucht.

Liebe zur Metapher

Auffallend ist Markovics Liebe zur Metapher. Scheinbar zufällige Bildinhalte werden plötzlich zu aussagekräftigen Symbolen, die den Szenen eine ganz eigene Stimmung verleihen und auch das titelgebende Atmen kommt im Film zum Tragen. Beim Schwimmtraining im Jugendgefängnis nimmt die Atemnot existentielle Ausmaße an.

Egal ob Jugendgefängnis, Bewährungshilfe oder Bestattung - Markovics hat die Schauplätze seiner Geschichte genauestens studiert. Allein drei Monate hat er aufgewendet, um die Welt der Bestatter kennen zu lernen. Erst mit diesen Erfahrungen hat er sich ans Drehbuchschreiben gemacht. Von Anfang an hat er dabei versucht, die Dialoge auf ein Minimum zu beschränken.

Amerikanische Medien begeistert

Dass "Atmen" mit seiner Formstrenge bei der Vorauswahl der Oscar-Kandidaten in Hollywood nur Außenseiterchancen hat, ist gar nicht gesagt, standen bei der Premiere in Cannes doch gerade die amerikanischen Medien dem Film sehr wohlwollend gegenüber. "Ein fesselndes Drama von einer erfrischenden dramaturgischen Vollkommenheit", schwärmte da etwa der "Hollywood Reporter" und das einflussreiche Magazin "Variety" attestierte dem Film "lyrische Schönheit".

Vielleicht darf Karl Markovics nächsten Februar also bereits zum zweiten Mal in seiner Karriere zur Oscar-Verleihung fahren. Und dieses Mal sogar als Regisseur.

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