Opulent und doppelbödig

Fernando Botero im BA Kunstforum

Im Bank Austria Kunstforum wird am Dienstagabend, 11. Oktober 2011 eine Ausstellung mit Werken von Fernando Botero eröffnet. Der eigenwillige kolumbianische Künstler ist mit seinen opulenten, scheinbar heiteren Figuren, die jedoch durchaus doppelbödig sein können, leicht erkennbar.

Kulturjournal, 11.10.2011

Fernando Botero im Gespräch

Auseinandersetzung mit Kolumbien

Der 79-jährige Botero, der zwischen Paris, der Toskana, Kolumbien und New York pendelt, sieht sich unbedingt als Kolumbianer, der sich mit der Realität und Politik seines Landes auseinandersetzt und sie als figurativer Künstler umsetzt.

Das war nicht immer leicht. In den 1960er Jahren lebte er in New York, da wurde er als Lateinamerikaner gemobbt und in einer Zeit, als der abstrakte Expressionismus das Maß der Dinge war, vernichteten ihn die Kunstkritiker. Doch er blieb seiner Linie immer treu. Seine Referenzen waren zunächst - anlässlich eines einjährigen Aufenthaltes in Mexiko - die monumentalen Wandmalereien eines Orozco oder Diego Rivera. Die, so meint er, hätten die italienischen Maler des Quattrocento nachgemacht, allerdings mit Themen der lateinamerikanischen sozialen Realität.

Mittagsjournal, 11.10.2011

Nur scheinbar naiv-freundlich

Runde, üppige Figuren, die melancholisch den Betrachter anblicken oder knapp an ihn vorbeischauen, sind das Markenzeichen von Fernando Botero. Dazu Stillleben mit tropischen Früchten oder sonstigen kulinarischen Köstlichkeiten eine farbenprächtige, nur scheinbar naiv-freundliche Welt.

"Es sind hier schon Themen wie Einsamkeit, Melancholie, das Elend des Lebens, aber gezeichnet in einer üppigen Pracht, die sehr stark südamerikanisch gefärbt ist", so Ingried Brugger, die Leiterin der Bank Austria Kunstforums.

Kein Kunstumfeld

Bevor er die großen italienischen Maler kennenlernte, war er von den Mexikanern sehr beeindruckt, denn in der Zeit, als er anfing zu malen, gab es in Kolumbien nichts: keine Galerien, keine Museen keine Sammler, kein Interesse - gar nichts, erzählt er im Interview.

1953 geht Botero nach Florenz, wo er Fresko- und Ölmalerei studiert. Mit einem Motorrad fährt er durch das Land, zu seinen Idolen, Piero della Francesca in Arezzo, Paolo Uccello oder Giotto - sie prägen nach wie vor sein Schaffen. So entsprechen die runden, üppigen Formen seiner Figuren - sogar bei sonst schlanken Stierkämpfern oder Ballerinen - der Suche nach Volumen, sagt Botero, und die Ruhe und Ausgeglichenheit seiner Kompositionen stehen oft im Kontrast zu politische Themen, etwa den Opfern von Gewalt oder Polizei- bzw. Militäraktionen. Wobei auch die Akteure irgendwie wie emotional unbeteiligt wirken.

Sensationeller Zyklus

Eine Ausnahme ist da ein Zeichnungs- und Gemäldezyklus, den Botero zu den publik gewordenen Folterfällen im irakischen Gefängnis Abu Ghoraib 2005 gemalt hat. Dieser Raum ist vielleicht die eigentliche Sensation der Schau um Kunstforum.

Zum ersten Mal drücken die Gesichter der Gepeinigten die Qual aus. Da wollte er die Schmerzen und die ganze Dramatik zeigen, und das konnte er nicht mit seiner für ihn typischen, wie er sagt "unexpressiven Expressivität".

Service

Botero, 12. Oktober 2011 bis 15. Jänner 2012, Bank Austria Kunstforum,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (30 Prozent).

Bank Austria Kunstforum