Proteste aus Ungarn und Österreich

Rechtsausleger wird Theaterleiter in Budapest

Der rechtsradikale und antisemitische Politiker und Autor Istvan Csurka ist zum Leiter des Neuen Theaters in Budapest bestellt worden. Bürgermeister Istvan Tarlos hat - wie es heißt - auf Anweisung von Premier Victor Orban und seiner regierenden Fidesz-Partei entschieden und damit gegen die Empfehlung einer Expertenkommission. Künstler aus Österreich und Ungarn protestieren heftig gegen diese Entscheidung.

Kultur aktuell, 13.10.2011

In Budapest bestimmen künftig Rechtsextreme das Geschehen am Theater Uj Szinhaz: Der neue Intendant und sein Theaterdirektor György Dörner wollen mit der "krankhaften liberalen Hegemonie" Schluss machen und nur noch nationale Stücke auf die Bühne bringen. Die Theaterwelt ist empört. Csurka ist Dichter und Politiker. Viele sehen in ihm einen Hassprediger und Antisemiten. Dörner wird für seine neonazistischen Ansichten kritisiert.

Als Dichter kaum Erfolg

Die Stücke des 77-jährigen Csurka waren in den vergangenen 20 Jahren kaum mehr auf einem Spielplan. Das soll sich nach Antritt des neuen Postens ändern: "Ich werde natürlich meine Dramen auf die Bühne bringen und die anderer ungarischer Autoren", sagt Csurka. "Ich will großes nationales Theater machen und nicht den westlichen Müll zeigen - das Tingli-Tangli aus New York."

Die Theaterszene ist empört und forderte den Oberbürgermeister auf, seine Entscheidung zu revidieren. Die Ernennung von Csurka und Dörner sei gegen den Rat eines Fachkomitees erfolgt. Es hatte sich für den bisherigen Direktor des "Neuen Theaters", Istvan Marta, ausgesprochen. Marta leitet das Haus seit 13 Jahren. Csurka sagt dazu: "Wir werden alle leitenden Posten des Hauses neu besetzen. Das Ensemble ist talentiert. Es kann bleiben. Doch wer nicht mit uns kooperiert, muss gehen."

Aufräumen mit "krankhafter liberaler Hegemonie"

Csurka und Dörner wollen mit der, wie sie sagen, "krankhaften liberalen Hegemonie" aufräumen und der "liberalen Anspruchslosigkeit der Unterhaltungsindustrie den Krieg erklären". So will Csurka in seinem Theater ab kommendes Jahr nur noch nationale ungarische Dramen präsentieren: "Wir werden auch neue Stücke schreiben und aufführen über die Schweinereien der sozialistischen Regierungen, wie sie das Land privatisierten und sich bereicherten," sagt er und fährt fort: "Endlich gibt es jetzt eine Regierung unter Viktor Orban, die etwas verändert."

Csurka war seit seinem letzten politischen Misserfolg im Jahre 2002 von der politischen Bühne verschwunden. Damals verpasste er mit seiner rechtsextremistischen Wahrheits- und Lebenspartei (MIEP) den Einzug ins Parlament. Nach seiner überraschenden Rückkehr stimmte er das altbekannte Kampfgeschrei an: "Wir wollen das Theater von jener liberalen Bande zurückerobern, die jetzt niederträchtig gegen uns protestiert. Wir lassen uns nicht beirren. Denn wir brauchen ein Theater des Durchbruchs," so Csurka. Dieses so genannte Theater des Durchbruchs wird bereits als Bühne für Neonazis bezeichnet.

Bühne für Neonazis?

Die sozialliberale Opposition sieht im Hintergrund einen politischen Deal zwischen der Regierungspartei Fidesz und Csurkas rechtsextremer Partei. Nach Ansicht der Opposition will Orbans Regierungspartei mit der Heimholung von Csurka auf Wählerfang gehen und zugleich eine Front eröffnen gegen die parlamentarische rechtsradikale Jobbik-Partei, die immer stärker wird.

Noch-Direktor Marta erfuhr aus der Presse von seiner Ablösung: "Ich war gerade am Flughafen, als ich von meiner Ablösung las. Ich habe den Oberbürgermeister gebeten, mich zu empfangen. Er soll mir erklären, ob er Probleme mit meiner Person oder meiner Arbeit hat. Ich und auch mein Ensemble möchten eine Erklärung dafür, warum das alles geschieht." Viel Hoffnung gibt es nicht. Denn der Oberbürgermeister ließ inzwischen durch seine Sprecherin erklären, für ihn sei der Fall abgeschlossen.

Service

Uj Szinhaz