Der Schriftsteller über Musik
Michael Kumpfmüllers "neue Dimension"
"Ich bin, was die Musik betrifft, noch ein Stammler, aber vielleicht ist das gar nicht schlecht, denn ich glaube, dass der Kern der Musik etwas ist, was man nicht besprechen kann." Musik ist eine Sprache, die ohne Worte auskommt - der Schriftsteller Michael Kumpfmüller versucht dennoch, ihr Wesen zu beschreiben.
27. April 2017, 15:40
Pärts "Tabula rasa"
Musik kann in kurzer Zeit Einsichten offenbaren, für die ein Mann des Wortes ein ganzes Buch braucht. Kumpfmüller, Autor des jüngst erschienenen und viel beachteten Romans "Die Herrlichkeit des Lebens", verweist auf ein Musikstück, das den Grundton seines jüngsten Werkes widergibt: "Tabula Rasa" des estnischen Komponisten Arvo Pärt.
In seinem Roman beschreibt Michael Kumpfmüller das letzte Lebensjahr Franz Kafkas, das dieser mit seiner Geliebten Dora Diamant in Berlin verbrachte. Gleichsam in den letzten Momenten seines Lebens entdeckte der todkranke Kafka das Glück der Liebe - für den passionierten Pessimisten eine bis dahin unbekannte Dimension des Lebens.
Entschleunigende Musik
Eine neue Dimension, so Kumpfmüller, kann auch Musik eröffnen. Der Komponist Arvo Pärt etwa gelangte über einen spirituell-religiösen Weg zur musikalischen Aufhebung von Zeit und Raum: "Pärt hatte eine völlig gespaltene Biografie. Er war bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein neoklassischer Strawinsky-Schüler und hat nach einer längeren, mönchsartigen Pause eine ganz andere Musik entdeckt: eine Musik, die langsam ist, wenig Bewegung hat, die aber starke emotionale Eindrücke in mir hinterlässt. Das 'Heilige', das gleichsam Religiöse daran ist, dass diese Musik die Gegenwart entschleunigt, verlangsamt - und dann einen anderen Raum auftut."
Am Donnerstag, 10. November 2011, ist Michael Kumpfmüller im Rahmen der Messe Buch Wien in der Hauptbücherei zu Gast, um über die Erkenntnisse aus seinen Kafka-Recherchen zu berichten.
Service
Michael Kumpfmüller, "Die Herrlichkeit des Lebens", Verlag Kiepenheuer & Witsch