Ein vorprogrammierter Publikumsmagnet
Magritte-Ausstellung in der Albertina
Die neue Ausstellung in der Wiener Albertina mit Werken des belgischen Surrealisten René Magritte wird zweifelsfrei ein wahrer Publikumsmagnet werden. Zu sehen ist eine sehr umfangreiche Schau mit Meisterstücken aus allen Schaffensperioden. Am Dienstag, 8. November 2011 wird "Magritte" eröffnet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 08.11.2011
Jeder kennt sie von Plakaten oder Buchillustrationen - etwa die über dem Meer schwebende Taube aus blauem Himmel und weißen Wolken, oder den schwarzgekleidete Mann, dessen Kopf durch einen grünen Apfel ersetzt ist. Oder das innen beleuchtete Haus mit Laterne in einem geheimnisvollen Tag/Nacht-Lichterspiel.
Nun kann man sie einmal zusammen, an einer Wand hängend, betrachten - 250 Werke von 90 Leihgebern, darunter die berühmtesten Museen der Welt, dazu viele Privatsammler.
Populäre Motive
Die Sonderstellung Magrittes, vor allem im Vergleich zu den beiden anderen großen surrealistischen Malern Dalì und Max Ernst, erklärt Albertina Direktor Klaus-Albrecht Schröder so: "Die Popularität der Motive und des Malers und die Beliebtheit bei den Intellektuellen und bei den Künstlern."
Chronologisch aufgebaute Schau
In der großen, chronologisch aufgebauten Ausstellung kann man die unterschiedlichen Schaffensperioden Magrittes verfolgen, von ersten, stark von Giorgio de Chirico beeinflussten Gemälden zur Entstehung einer originellen Zeichensprache, seine Auseinandersetzung mit Wort und Bild, bis zum Spätwerk.
Wort-Bild-Spiele
Er war vielleicht der intellektuellste der surrealistischen Maler. So hat er sich viel mit dem Zusammenhang zwischen einem dargestellten, also gemalten Objekt, dem realen Objekt und deren Bezeichnung beschäftigt.
Er hat das in einer großen Abhandlung getan, aber auch spielerisch, wenn er etwa eine Pfeife malt und drunter "ceci n'est pas une pipe" ("dies ist keine Pfeife") schreibt. Denn es ist ja keine reale Pfeife, die man rauchen könnte, nur ein Abbild. Umgekehrt schreibt er unter einem braunen Farbfleck die Worte "Die Pfeife", gibt dem Fleck also eine spezifische Bedeutung, und nennt das Bild "sans titre" ("Ohne Titel").
"Diese Readymade-Ästhetik fasziniert sei Duchamp, diese Wortspiele, diese Wortphilosophie", so Schröder. "Auf der anderen Seite hat er eine Sprache, die jeder Mensch kennt - aus seinen Träumen."
Mysteriöse Atmosphäre
Viele der Bilder Magrittes haben eine mysteriöse, ja bedrückende Atmosphäre, und auch der Künstler selbst gibt sich auf Fotos gern bürgerlich, oft mit Anzug und Melone.
"Er attackiert aus der Bürgerlichkeit heraus das Bürgertum, er unterläuft es", erläutert Schröder. "Wer seine Experimentalfilme sieht - ganz kurze, 30 Sekunden bis fünf Minuten dauernde Filme, die wir ebenfalls in dieser Retrospektive zeigen - sieht, dass von einer Valentin'schen Dadaistik ist, so grotesk, so bizarr sind sie. Wer seine Pornografika sieht, wie er Georges Bataille interpretiert, der sieht plötzlich, wie viel anarchischer Geist in diesem Künstler steckt."
Konflikte mit Surrealisten
Seine Beziehung zu der Surrealistengruppe um André Breton war immer wieder von Kontroversen und Konflikten geprägt. Das kumulierte etwa in einer großen Surrealisten-Ausstellung in Paris nach dem Zweiten Weltkrieg - man hatte sich inzwischen wieder einmal versöhnt, und da, so Schröder, liefert Magritte die "période vache", eine Manifestation des schlechten Geschmacks - "was nichts anderes war, als eine Werkgruppe, die in drei Monaten entstanden ist und eine Attacke gegen die verfeinerte Ästhetik des späten Surrealismus ist. Das ist brutal, das ist schrill, das sind Comicmotive. Es zeigt, dass er einfach nicht einvernommen werden wollte, weder vom Bürgertum, noch von den Surrealisten."
In den 1950er Jahren kehrt Magritte wieder zu seiner gewohnten Malart zurück.
Zur Ausstellung ist ein aufwendig gemachter Katalog erschienen.
Textfassung: Rainer Elstner