Kunstmarathon beginnt

Vienna Art Week

Bereits zum 7. Mal findet ab Montag, 14. November 2011 die Vienna Art Week statt. Museumskuratoren, Sammler, Künstler, Galeristen, Kuratoren und Kritiker sowie einfach Kunstinteressierte treffen da bei unterschiedlichen Veranstaltungen zusammen. Das Thema heuer ist "Reflecting Reality".

Ausgangspunkt sind die Schriften Sigmund Freuds, mit denen sich Künstler immer wieder auf unterschiedliche Art beschäftigt haben und beschäftigen.

Kulturjournal, 14.11.2011

Service

Vienna Art Week

Dichtes Programm

Ein sehr dichtes Programm erwartet Kunstinteressierte bis kommenden Sonntag: Ausstellungen, Atelierbesuche, Diskussionen, Spezialführungen, Performances und vieles mehr.

Robert Punkenhofer, der künstlerische Leiter der Vienna Art Week: "Die Vision der Vienna Art Week war von Anfang an, als wir das vor sieben Jahren gegründet haben, hier in Wien viel stärker als bisher aufzuzeigen, wie wichtig die Bildende Kunst für die Stadt ist und es nicht nur in Wien und in Österreich aufzuzeigen, sondern auch international zu kommunizieren."

Gemeinsamkeit als Vorteil

Dabei konnten Robert Punkenhofer und Mitinitiator Martin Böhm von Art Cluster Vienna sogar die oft divergierenden Interessen der unterschiedlichen potentiellen Veranstalter unter einen Hut bringen: "Uns ist da ein kleines Wunder passiert. Viele waren skeptisch, dass auf Grund der hohen Konkurrenzsituation und Ressourcen die Wiener Institutionen nicht zusammenarbeiten werden. Aber letztlich haben wir mittlerweile fast 70 Programmpartner, begonnen haben wir mit 20. Und alle sehen natürlich den Vorteil, gemeinsam etwas Größeres zu schaffen."

Den verschiedenen Institutionen wird dabei grosso modo freie Hand gelassen, bei dem was sie anbieten: "Letztendlich sind es aber die Programmpartner, die das Programm machen - in voller Autonomie, wir greifen also nicht ein. Wir geben aber jedes Jahr einen Titel, eine inhaltliche Klammer, auf die man sich setzen kann oder auch nicht. Im heurigen Jahr ist das 'Reflecting Reality'. Das ist ein Zitat aus den Schriften Freuds, der schon vor über 100 Jahren auf die Rolle der Kunst als Reflexionsmedium, um sich selbst, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen zu analysieren, hingewiesen hat."

Freud-Museum zeigt Sammlung

So ist logischerweise das Freud-Museum in der Berggasse prominent vertreten. Es gibt da nämlich die seltene Möglichkeit, die Sammlung zeitgenössischer Kunst des Museums zu sehen. Ausgangspunkt dieser kleinen aber feinen Sammlung ist eine Rauminstallation, die der US-amerikanische Konzeptkünstler Joseph Kosuth 1989 realisiert hat.

Kosuth hatte sich schon länger in seinen Arbeiten auf unterschiedliche Weise mit Freud auseinandergesetzt und schließlich Installationen mit einer Art Tapete mit Freud-Texten realisiert: "Inge Scholz-Strasser, die Direktorin des Freud-Museums, hat davon gehört und mich eingeladen, eine Installation in der Wohnung neben dem Museum, das sie gerade akquirieren konnte, anlässlich des 50. Todestages Freuds zu schaffen. Die Installation sollte sechs Monate gezeigt werden, es wurden daraus sieben Jahre."

Kunst zu Ehren Freuds

Als Kosuth sie dann abbaute, kam bei Gesprächen mit Scholz-Strasser und Peter Pakesch, dem Direktor des Joanneums, die Idee auf, eine Stiftung zu schaffen: "Ich sollte meine Künstler-Freunde überreden, dass sie dieser Stiftung zeitgenössische Kunstwerke zu Ehren Freuds schenken würden. So hat alles begonnen, das war 1989."

Interessant ist, wie Kossuth dann vorging, denn Freud hat Künstler - und nicht nur sie - schon immer interessiert oder inspiriert, man denke etwa an die Surrealisten: "Es ging nicht darum, Freud in irgendeiner Form zu illustrieren, es gibt ja viele Portraits von Freud, man denke nur an das, was Dalì geschaffen hat. Für mich war das eine Reduktion der Kunst, und entspricht nicht der Idee, die ich mir von Kunst mache. Es ging darum, Verbindungen auf unterschiedlichen Ebenen zu erstellen, in einer mehr elliptischen oder grundsätzlichen Art. Die Sammlung ist somit sehr unterschiedlich - mit Künstlern aus unterschiedlichen Ländern und Generationen, die Kunstwerke schenken, von denen sie meinen, dass sie ihren Platz in der Stiftung verdienen", so Kosuth.

Zitieren wir nur einige Namen: neben Josef Kosuth Heimo Zobernig, Marc Goethals, Jenny Holzer, Ilya Kabakov, John Baldessari, Franz West und Pierpaolo Calzolari.

Freud als Grundlage für Kunst

Es geht um Konzeptkunst, d.h. die Verknüpfung von Objekt, Sprache und Abbild; in diesem Fall gilt die psychoanalytische Theoriebildung als Grundlage.

Robert Punkendorfer hat auch mit Ursula Maria Probst eine Ausstellung im Freud-Museum konzipiert, die in diese Richtung geht. Wobei sich unerwartete Analogien zwischen dem Konzeptkünstler Kosuth und dem Vater der Psychoanalyse ergeben haben.

Sinn statt Form

"Spannend ist, dass Kosuth ja letztendlich die Idee, das Konzept, 'the meaning' als Kerninhalt der Kunst und nicht die Form und Farben als entscheidend heranzieht. Und es war interessant, dass schon Freud, der ein gespaltenes Verhältnis zur Generation von Klimt, Schiele, Kokoschka hatte, an der Kunst nicht die äußere Form interessiert hat, ob das jetzt schön gemalt ist oder nicht, sondern der Sinn, den der Künstler in der jeweiligen Arbeit sucht."

Am Montag, 14. November 2011 gibt es im Freud Museum einen Interviewmarathon mit teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern, dabei auch eine Performance.

Eröffnung des 21er Hauses

Am Dienstag wird als weiterer Höhepunkt der Woche das 21er Haus, das ja zum Belvedere gehört, nach langem Umbau eröffnet.

Kosuth bricht auch eine Lanze für Initiativen wie die Vienna Art Week, wo man sich gebündelt mit bildender Kunst auseinandersetzt. Und er hat gute Gründe dafür: "Wir leben in einer Zeit, wo Europa und der Rest der Welt eine wirtschaftliche Krise haben - die ist ja ein Teil einer großen Sinn-Krise in unserer Gesellschaft. Unsere Gesellschaft befindet sich ja in den Händen von Kurzzeitdenkern. Die einen wollen schnell Profit machen, Politiker wollen an der Macht bleiben. Für die Gesundheit einer Gesellschaft bürgen die, die längerfristig denken: Philosophen, Schriftsteller, Künstler, die eben keinen kurzfristigen Blick auf das Leben haben."

Textfassung: Rainer Elstner