Aktuelle Literatur von der Grünen Insel

Schauplatz Irland

"Biography is the English desease" - die Biografie sei die Krankheit der Engländer, heißt es. Die Iren haben sich angesteckt, und zwar mit großem literarischem Erfolg.

Der irische Autor Joseph O´Connor schuf eine biographische Fiktionalisierung der Liebe zwischen dem Theaterprinzipal John Synge und seiner langjährigen Verlobten, der Schauspielerin Molly Allgood.

O’Connors Roman "Ghost Light" wird von den Rezensenten hymnisch gelobt und verkauft sich bestens, erzählt Werner Huber: "Synge ist einer der "National Heroes", dazu kommt das Element der Romanze und dann noch mit Joseph O´Connor ein guter Stilist und Erzähler als Autor."

Werner Huber ist Professor für irische Literatur an der Universität Wien, in Dublin nahm er kürzlich an einer großen Konferenz anlässlich des 100. Geburtstags von Flann O’Brien teil: "Flann O´Brien gehört zur Dreifaltigkeit der irischen Prosaliteratur: Joyce the father, Beckett the son and Flann O’Brien the holy ghost”.

Die letzten Tage des keltischen Tigers

In Irland herrscht in den letzten Jahren Katerstimmung. "Rage", eine Welle der Empörung, machte sich auf der grünen Insel breit, seit der keltische Tiger im September 2008 durch den Zusammenbruch des Bankensystems verschied. Doch auch schon während der "Tiger Time" wollten kritische Stimmen in der Literatur dem irischen Wirtschaftswunder nicht trauen.

"The last Days of the Celtic Tiger" lautet der Titel eines Romans des Autors und Journalisten Paul Howard. "Ihm ist zu Gute zu halten", analysiert Werner Huber, "dass er relativ schnell, das Ende der Celtic Tiger Periode erkannt und beschrieben hat." In "NAMA Mia!" dem aktuellen Roman von Paul Howard geht es um einen Toy Boy, der sich mit einer 60jährigen vergnügt, beziehungsweise von ihr in Dienst genommen wird.

Paul Howards fiktive Hauptfigur Ross O’Carroll-Kelly ist das männliche irische Pendant zur österreichischen Polly Adler. Im bereits elften Roman rund um Ross O’Carroll-Kelly steht die Welt der middle-upper class Bourgeois in Dublin Four im Mittelpunkt, treffend wird deren Möchtegern Großsein ironisiert.

Ein Moment fürs Leben

Emma Donoghue ist eine irische Autorin, die immer wieder als Anwärterin auf den Booker Prize gehandelt wird, den wichtigsten Preis für englischsprachige Literatur außerhalb der USA.

Donoghues neuester Roman "Raum" berichtet aus der Perspektive eines fünfjährigen Jungen, der mit seiner Mutter in einem Container lebt und diesen noch nie verlassen hat. "Emma Donoghue schrieb dieses Buch, auch weil sie von den Skandalen des Kindesmissbrauchs und Freiheitsentzug durch Familienmitglieder in Österreich in Betroffenheit versetzt wurde," erzählt Werner Huber, "das sind Skandale, die natürlich auch in der englischsprachigen Welt rezipiert worden sind."

Ganz andere Kost liefert Cecilia Ahern, die Tochter des früheren irischen Regierungschefs, Bertie Ahern. Ihr neuer Roman "The Time of my Life" ist parallel zur Erstveröffentlichung auch schon in deutscher Übersetzung erschienen. In "Ein Moment fürs Leben", so heißt die deutsche Übersetzung, wird eine Frau mit einer Figur konfrontiert, die ihr Leben darstellt.

Gescheckte Menschen

Hugo Hamiltons, "The Speckled People" - "Gescheckte Menschen" sind die deutsch-irischen Memoiren eines Jungen, dessen Vater ein glühender irischer Nationalist ist und dessen Mutter eine Deutsche, die nach dem 2. Weltkrieg nach Irland kam.

Zu Hause wird nur Irisch oder Deutsch gesprochen, erzählt Werner Huber: "In der Schlüsselszene trägt der Junge, der die Hauptfigur ist, einen Aran Sweater zu einer Lederhose, diese Kleidung symbolisiert seine doppelte Identität."

Service

Joseph O’Connor, "Ghost Light", Vintage Books

Paul Howard, "Nama Mia"

Emma Donoghue, "Raum", Piper

Cecilia Ahern, "Ein Moment fürs Leben" , Krüger

Hugo Hamilton, "Gescheckte Menschen", btb Verlag

Joseph O’Connor
Emma Donoghue
Cecilia Ahern
Hugo Hamilton