Im Nordosten der Insel Bali

Trekking in den Bergen von Muntigunung

Im Gebiet von Muntigunung im entlegenen Nordosten der Insel, in einer trockenen und kargen Gegend, ohne Reisfelder und ohne Wasser, hat der Schweizer Ex-Bankdirektor Daniel Elber das Entwicklungshilfeprojekt "Zukunft für Kinder" ins Leben gerufen.

Ein höchst erfolgreicher Teil dieses Projektes, neben dem Bau von Zisternen und der Kultivierung von Rosella-Blüten für Tee, sind die Trekkings, die Daniel Elber organisiert. Ehemalige Bettlerinnen führen als Wander-Guides kleine, überschaubare Touristengruppen durch die Berge um Muntigungung und zu ihren Dörfern.

Durch diese Arbeit kommen die Frauen zu einem eigenen Einkommen und müssen sich nicht mehr der Demütigung des Bettelns aussetzen - und damit ist in einer der ärmsten Gegenden der Insel einiges in Bewegung gekommen. In diesem Herbst 2011 wurde dem Projekt von der SKAL, der weltweit größten, touristischen Organisation, die Tourismus mit Verantwortung fördert, die Auszeichnung "Sustainable Development in Tourism" verliehen. Daniel Elber arbeitet weiter und führt auch immer wieder Gäste auf den Wanderungen durch die Bergwelt im Nordosten Balis.

Einer der größten Kraterseen der Welt

Nur mit einem Geländewagen - manövriert von einem umsichtigen Fahrer - ist der Ausgangspunkt des Trekkings über dem Lake Batur zu erreichen. Der Batursee ist übrigens einer der größten Vulkankraterseen der Erde. In engen, teilweise abgerutschten Serpentinen schlingt sich die schlaglochgespickte Straße den Berg hinauf zu dem kleinen Dorf. Hierher kommt man üblicherweise zu Fuß oder mit dem Moped. Es ist zeitig am Morgen und daher noch angenehm kühl.

Eine junge Frau, ausgerüstet mit Rucksack, Wanderstock und Flipflops, begrüßt Daniel Elber. Wayan Sudi ist diesen Weg früher oft gegangen, um Wasser vom Lake Batur nach Kulkul und Muntigunung zu schleppen. Als Trekking-Guide geht sie an diesem Tag die Strecke das erste Mal. Die zierliche junge Frau ist noch etwas schüchtern, entschuldigt sich dafür, dass ihr Englisch noch recht fragmentarisch ist. Dennoch versucht sie Erklärungen zu den Gärten am Wegesrand zu geben.

"Hati hati"

Auf dieser Seite des Gunung Batur, des Berges Batur, erklärt Daniel Elber, ist die Erde fruchtbar. Von Dezember bis April können Mais, Tomaten, Kohl und Chili angebaut werden. Die Wolken aus dem Süden stauen sich hier im Gebirge und regnen ab, und auf dem Bergkamm sorgt der stete Nebel ohnehin für ausreichend Feuchtigkeit. Wandert man jedoch weiter die Nordflanke des ehemaligen Vulkankraters entlang, wird es sichtlich trockener. Der Regen des vergangenen Tages hat den Weg aufgeweicht, er ist rutschig und Vorsicht ist geboten. "Hati hati" sagen die Balinesen: "Achtung!"

Bei klarem Wetter sieht man nicht nur den höchsten Berg Balis, den Gunung Agung, erklärt Daniel Elber, sondern auch die Küste und den höchsten Vulkan von ganz Indonesien, den Gunung Rinjani. Der Weg wird steiler. Man passiert die letzten Häuser mit Wellblechdächern, ein winziges Geschäft, in dem es Cola-Dosen, Knabbersnacks und Süßigkeiten zu kaufen gibt. Kinder spielen auf der Straße, bellende Hunde jagen herumpickende Hühner. Daniel Elber deutet auf eines der armseligen Wasserreservoirs: ein Loch in den Boden gegraben und mit Plastik ausgelegt.

Wasserversorgung gesichert

Gemeinsam mit der angesehenen indonesischen Stiftung Yayasan hat Daniel Elber ein Konzept entwickelt, das die Wasserversorgung der etwa 30 Gemeinden des Gebietes Muntigunung auch in den acht regenlosen Monaten sichern soll. Eigentlich funktioniert das System auf ganz traditionelle Weise. Von großflächigen Dächern, die so gebaut sind, dass sich das Regenwasser gut sammeln kann, wird es in geschlossene Tanks geleitet. Am Ende der Regenzeit ist der Tank voll. Damit ist der tägliche Bedarf von 25 Liter Wasser pro Familie gesichert. Die Frauen müssen nicht mehr zum Betteln nach Ubud, sondern können einer geregelten Arbeit nachgehen. Dafür hat die Hilfsorganisation "Zukunft für Kinder" ebenfalls Vorkehrungen getroffen.

Neben dem Wasserspeicher ist auch ein kleines Heiligtum errichtet worden. Ein Thron aus Stein ist mit Bändern geschmückt, die im Wind flattern. Bevor Wayan Sudi das Wasser und die Früchte austeilt, richtet sie auf ein paar Blättern eine Opfergabe und zündet Räucherstäbchen an. Dann bietet sie den Wanderern die Rambutans, eine Art Lychees, eine Sallak, eine Schlangenhautfrucht, die wie eine Mischung aus Apfel und Birne schmeckt, Passionsfrüchte und Bananen an.

Sitz der Götter

Still ist es auf einer Höhe von etwa 1600 Metern, man hört hier nur den Wind durch die föhrenartigen Bäume sausen. Über den Bergrücken ziehen Wolkenschwaden und legen einen hellen Schleier über die Wälder. Mystisch geben sich die Sitze der Götter! Tief unten am Ufer des Lake Batur sieht man ein Dorf richtiggehend zwischen der Wasserfläche und dem Berg eingeklemmt. Einen steilen Weg hinunter zum See mussten die Frauen bis vor kurzem fast täglich gehen, um zehn Liter Wasser auf dem Rücken herauf zu schaffen.

Entlang eines tief eingeschnittenen Tales geht es nun weiter am Rand des ehemaligen Vulkans durch Farne und niedrige Büsche. Unter dem Bewuchs kann man an den gegenüberliegenden Bergschultern noch gut erkennen, wie einst die Lava hinunter geflossen sein muss. Wayan Sudi hat eine Baumwollumhängtasche mitgenommen und sammelt während der Wanderung liegengebliebene Plastikflaschen und Folien ein.

Verpackungen aus Palmblättern

Ein paar Stunden später: Das erste Dorf im Gemeindeverband von Muntigunung ist erreicht. Unter einem einige hundert Quadratmeter großen Aluminium-Zink-Dach, mit Hilfe dessen das Regenwasser aufgefangen und in einen blaugestrichenen Tank geleitet wird, sitzen ein paar Dutzend Frauen und einige Männer und stellen aus den Blättern der Lontarpalme Körbchen her. Die Palmblätter werden geerntet, dann durch eine Maschine gezogen, gepresst und zugeschnitten. Aus den Streifen werden hübsche kleine Dekorgegenstände geflochten. Diese dienen als Verpackungsmaterial für den Rosella-Tee, der aus den Blüten einer wilden Hibiskusart gewonnen wird. Die Rosella-Plantage liegt gleich hinter diesem neuen Treffpunkt der Dorfbewohner.

Die Frauen begrüßen die Wanderer, lassen sich aber nicht bei ihrer Arbeit stören. Um sie herum toben und spielen die Kinder. Daniel Elber ist bei diesem Anblick sichtlich zufrieden. Hier hat er den Beweis, dass Visionen mit ausreichend Geduld und Zielstrebigkeit durchaus zu verwirklichen sind. Inzwischen haben sich auch die ersten jungen Männer aus dem Dorf gemeldet um mitzuarbeiten.

Jedem Haus sein Tempel

Dann geht es durch eine sichtlich trockenere Landschaft weiter den Berg hinunter in Richtung Meer. Die Berghänge sind steil, man kann sich die Mühsal vorstellen, mit welcher einige Terrassen für den Gemüsebau angelegt wurden. Ein bisschen Mais, ein paar Bananenstauden, Kohlgemüse kann während drei Monaten angebaut werden. Dann verbrennt die Sonne alles. Hier leben keine wohlhabenden Menschen - die Unterkünfte sind einfach, in engen Verschlägen sind kleinwüchsige Kühe untergebracht, Hunde laufen überall herum. Aber jedes Haus hat einen - wenn auch noch so kleinen - Haustempel. Dort liegen die üblichen Opfergaben: ein paar Früchte, Reis und Räucherstäbchen.

70 Familien sollen im nächsten Jahr von dem neuen Erwerbszweig leben können, rund 400 Menschen, hofft Daniel Elber. Bis dahin läuft noch das Ausbildungsprogramm: Die Kürbisse werden geerntet, getrocknet und unter Anleitung von Designern von den Frauen bemalt. So erhalten sie Anregungen, die Kürbisse zu gestalten: mit modernen Mustern oder ganz traditionell. Früher verwendete man Kürbisse als Trinkgefäße, Daniel Elber möchte sie künftig als Verpackung für Heilkräuter einsetzen. Ihn fasziniert, wie schnell die einfachen Frauen aus dem Dorf innerhalb kürzester Zeit Kreativität und Kunstsinn bei der Gestaltung der Kürbisse entwickelten.

Service

Urs Ramseyer, "Kunst und Kultur in Bali" und "Theater des Universums. Ritual und Kunst in Tenganan Pegeringsingan"; beide Bücher wurden vom Museum der Kulturen in Basel herausgegeben.

Zukunft für Kinder
Puri Lumbung

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