Ruth Riesers Debütfilm "Du und ich"

Der Mensch hinter der Behinderung

Es ist eine besondere Liebesgeschichte, die die österreichische Schauspielerin und nun auch Filmemacherin Ruth Rieser in ihrem Debütfilm "Du und ich" porträtiert: eine Beziehung zwischen einer spastisch gelähmten Frau, und einem nicht behinderten Mann.

Kurz nach ihrer Geburt erkrankte die Protagonistin des Films, Hiltraud Schmidt, an Gelbsucht. Die Ärzte reagierten zu spät und die Krankheit führte zur körperlichen Behinderung: Sie kann nicht alleine gehen und wenn sie spricht, verstehen sie nur ihre engsten Vertrauten. Mit 40 Jahren lernt Hiltraud dann in einem Behindertendorf Franz Bittermann kennen, der dort seinen Zivildienst leistet. Es ist der Beginn einer außergewöhnlichen Liebe.

Kulturjournal, 30.11.2011

Ein junger Mann mit Vollbart macht die Wäsche, hilft Hiltraud durch den Alltag und kocht für sie. Auf den ersten Blick könnte man meinen, Franz ist ihr Pfleger. Doch es ist ihr Lebensgefährte, mit dem sie seit mittlerweile zehn Jahren zusammenlebt.

Es sind teils sehr persönliche Einblicke in den Alltag der beiden, die Ruth Rieser in ihren Film einbringt. Und die in dieser Form nur möglich gewesen seien, weil sie auf ein langes Vertrauensverhältnis zu den Protagonisten aufbauen konnte, so Ruth Rieser.

Untermalt mit Traumsequenzen

Hiltraud arbeitet als Künstlerin. Malt Bilder am Computer oder auf Leinwand, drückt so ihre Wünsche und Träume aus, die sie sprachlich nur schwer artikulieren kann. Dabei unterbricht Rieser die Alltagsszenen immer wieder mit traumähnlichen Sequenzen, zeigt Unterwasserbilder von Delfinen, die auch in Hiltrauds Bildern vorkommen. Oder eine junge Frau beim Tauchen. Man kann diese Sequenzen, die den Film wesentlich auflockern, vielleicht als Übersetzung von Hiltrauds Träumen sehen. Die Regisseurin selbst will sich dazu nicht äußern, sie wolle es dem Zuschauer überlassen, diese Bilder zu deuten.

Den Blick auf das zu lenken, was hinter der körperlichen Behinderung steckt, war ein zentrales Anliegen Ruth Riesers. Hiltraud als Frau zu zeigen, die sich Nähe wünscht, Liebe, Sexualität. Immer wieder erzählt Rieser dabei in Form von kleinen Zeichentricksequenzen aus dem Leben Hiltrauds: ihrer Kindheit bei der Großmutter, das Leben im Behindertenheim und schließlich dem Beginn der Beziehung mit Franz, den sie liebevoll Bidi nennt.

Erfüllung der Lebenswünsche

Es ist der unbändige Wille Hiltrauds und der Glaube daran, dass sie ihre Träume trotz der körperlichen Beeinträchtigungen verwirklichen kann: Sie hat den gesunden Lebenspartner gefunden, der ihr einen Alltag außerhalb von geschützten Werkstätten ermöglicht, und im Verlauf des Films erfüllen sich noch zwei weitere ihrer Lebenswünsche: die Hochzeit mit Franz, und ein gemeinsames Haus. Eine der schönsten Szenen des Films: wenn Franz Hiltraud das erste Mal auf das noch verwilderte Grundstück führt.

"Du und ich" erzählt eine außergewöhnliche wie bewegende Geschichte. Sie habe mit ihrem Film den Blick dort hinlenken wollen, wo man normalerweise nicht hinschaut, so Ruth Rieser. Und das ist ihr durchaus gelungen.

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Kurt Mayer Film