Hörspiel von Antonio Fian

Hennir

Dass eine Schauspielerin spielen kann, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Isabel Karajan kann aber noch mehr. Sie wiehert und schnaubt, stampft, scharrt und bockt. Schließlich ist sie auch genau dafür engagiert worden. In einem Tonstudio produziert man nämlich "Troja für Kids".

Jugendlichen Hörern soll klassische Bildung in zeitgemäßer Form vermittelt werden. Zeus hat man in dieser modernen Übersetzung "ins Hirn geschissen" und an anderer Stelle haben die Feinde Achilles gleich einmal "an den Eiern".

... vor dir steht Penthesilea ...

Der Darsteller des Achilles ist aber leider in einem Verkehrsstau steckengeblieben. Und als im Studio nutzlos die teure Zeit verrinnt, überzeugt die Pferdedarstellerin ihren Regisseur (als Stimme: Bruno Ganz) davon, wenigstens einen Satz als Penthesilea aufnehmen zu dürfen. Denn die schöne Königin der Amazonen war seit jeher die Traumrolle der nicht gerade erfolgreichen Kleindarstellerin. In Anwesenheit eines Klavierspielers, der sich später als blinder und tauber Stummfilmpianist herausstellt, breitet die Möchtegern-Penthesilea nach und nach ihr ebenso tragisches wie komisches Leben aus.

"Hennir" (französisch: "wiehern") ist eine Reflexion über das Theater, über die bildungsbürgerlich verklärte Antike, über unerfüllte Wünsche und die tödliche Kraft der Fantasie. Der Regisseur Götz Fritsch hat gemeinsam mit dem Autor und Satiriker Antonio Fian dessen erstes Theaterstück in ein Hörspiel verwandelt. Am Klavier: Peter Ponger.