Vorwürfe von Wahlmanipulationen

Wahlschlappe für Putin

In Russland zieht die Regierungspartei "Einiges Russland" erste Konsequenzen nach der Niederlage bei der gestrigen Parlamentswahl: Parlamentsvorsitzender Boris Gryslov tritt zurück. Nach dem vorläufigen Endergebnis hat "Einiges Russland" die Mehrheit im Parlament knapp halten können.

Mittagsjournal, 5.12.2011

"Einiges Russland" verliert Zweidrittel-Mehrheit

Es ist eine kleine Demütigung für "Einiges Russland", als der Vorsitzende der Wahlkommission Wladimir Tschurow das vorläufige Endergebnis bekannt gibt. Die Partei verliert ihre Zweidrittel-Mehrheit und hat im Parlament jetzt nur mehr eine sehr knappe absolute Mehrheit: "238 Sitze im Parlament für "Einiges Russland", 92 für die Kommunisten - wenn ich mich nicht täusche sind das fast doppelt so viele wie bisher, 64 für "Einiges Russland", auch fast doppelt so viele. Die LDPR hatte früher 40 und kann jetzt 56 Sitze beanspruchen."

Hunderte Beweise für Wahlfälschungen

Dabei ist Tschurov ein Mann des Systems: Trotz der hunderten Beweise für Wahlfälschungen im Internet, besteht er weiter darauf: Alles sei sauber und fair abgelaufen. Der eigentliche Wahlgewinner, die Kommunisten, sehen das anders und wollen das Ergebnis anfechten.

Kommunisten zeigen Wahlfälschung im Internet

Auf ihrer Homepage der Link zu einem Video auf Youtube: Es zeigt den Vorsitzenden einer Wahlkommission in Moskau, der gerade dabei ist auf einem ganzen Päckchen von Stimmzetteln "Einiges Russland" anzukreuzen. Der stellvertretende Vorsitzende der Kommunisten Iwan Melnikow glaubt daher nicht, dass die Führung bereit ist, ihr Monopol auf die Macht aufzugeben: "Wenn sie wollten, dass das Parlament ein echter Ort der Diskussion wird, in dem Entscheidungen stattfinden, die der ganzen Gesellschaft gefallen, hätten sie gestern nicht so massive Fälschungen organisiert, Angriffe auf die Beobachter, auf unabhängige Medien."

Andere Parteien wollen Wahl anfechten

Auch die anderen Parteien haben angekündigt, das Wahlergebnis ganz oder teilweise anzufechten. Für die Zukunft der Partei "Einiges Russland" sei das ein großes Handicap, sagt der Politikwissenschaftler Dmitrij Oreschkin im Gespräch mit dem Radiosender Moskauer Echo: "Dass "Einiges Russland" verliert, war vorhersehbar. Nicht vorhersehbar war, dass sie gleich 20 Prozent verlieren. Aber das ist nicht das Wichtigste. Wichtiger ist die Stimmung, in der das alles stattfindet. Das ganze Internet ist voll mit Beweisen dafür, dass die Wahl gefälscht wurde. Und das gibt "Einiges Russland" alles andere als ein positives Image. Das Problem ist nicht, dass sie verloren haben, sondern, dass alle glauben, dass die Stimmen, die sie bekommen haben, gefälscht sind."

Exilrussen wählen kleine liberale Partei

Das Wahlergebnis zeigt auch interessante Details: Während "Einiges Russland" in der Teilrepublik Tschetschenien 99,5 Prozent der Stimmen bekam, musste es im Wahllokal für die Exilrussen in London eine deutliche Niederlage hinnehmen: Dort erreichte die kleine liberale Partei Jabloko den ersten Platz.