Schiller im Schauspielhaus Graz
"Don Carlos" als Politthriller
"Don Carlos" von Friedrich Schiller ist ein Bühnenklassiker. Im Schauspielhaus Graz hat Ingo Berk den Vater-Sohn-Konflikt als aktuellen Politthriller inszeniert. In der Titelrolle spielt Claudius Körber, der als bester Nachwuchsschauspieler für den Nestroy nominiert war. Premiere ist am Samstag, 17. Dezember 2011.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 16.12.2011
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Spielball der Mächte
Er ist ein Zerrissener: Don Carlos, Infant von Spanien. Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seiner Stiefmutter, der Königin, und seinen politischen Zielen. Durch seine Emotionalität wird er zum Spielball der Mächte: Der Marquis von Posa will ihn nämlich für den Freiheitskampf der Niederlande entflammen. Was ihn gleich doppelt zum Konkurrenten seines Vaters werden lässt - in der Politik wie in der Liebe.
Der junge deutsche Regisseur Ingo Berk fördert aus Schillers dramatischem Gedicht ein erstaunlich aktuelles Stück zutage. Er verlegt die Handlung in die privaten Räume des Herrschers. Eingerichtet auf einer Drehbühne, kann das Publikum so - wie durch ein Schlüssel-Loch - Einblick nehmen. Berk inszeniert den sperrigen Text als modernen Polit-Thriller, zeigt wie Politik auch aus persönlichen Motiven heraus entstehen kann.
"Bei dem Stück wird immer diskutiert: Ist es ein Familiendrama, ist es ein politisches Drama? Ich glaube die Verbindung von beidem macht die Sprengkraft dieses Werkes aus", so Berk. "Was mir Spaß gemacht hat, war es, dem Publikum den Blick durchs schlüssellos zu den Superreichen und Supermächtigen zu erlauben."
Unterdrücktes Volk
Der König tritt hier als moderner Alleinherrscher im Anzug auf, der sein Volk von seinem Schreibtisch aus regiert und versucht, dessen Freiheitskampf zu unterbinden.
"Das Stück ist ja im Moment sehr aktuell, weil es noch immer Völker gibt, die sich ihre Freiheit erkämpfen müssen, weil es Herrscher gibt, die sein eigenes Volk mit brutalsten Mitteln unterdrücken", so der Regisseur.
Der aufstrebende jung-Schauspieler Claudius Körber, zuletzt als bester Nachwuchs für den Nestroy nominiert, spielt in Graz nach "Hamlet" und "Peer Gynt" die nächste Titel-Rolle: "Ich finde es sehr spannend, weil es ein so emotionaler Charakter ist, der von einem ins andere fällt. Sich dem voll hinzugeben macht sehr Spaß."