Ministerinnen streiten über Details

Keine Zuflucht für Zwangseheopfer

In Österreich gibt es keine geeignete Unterkunft für Frauen, die vor Zwangsehe fliehen wollen. Weil sich die beiden zuständigen Ministerinnen - Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) als Frauen- und Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als Innenministerin - nicht einigen können, ist das Projekt wieder verschoben worden.

Mittagsjournal, 23.12.2011

Mariella Kogler

Zwist über Details

Seit 2007 verspricht die österreichische Bundesregierung Notwohnungen für Menschen, die vor Zwangsehen fliehen möchten. Genauso lange steht dieses Vorhaben im rot-schwarzen Regierungsabkommen. Und auch die Kosten sind teilweise budgetiert, doch geschehen ist bisher nichts. Im Sommer hatte es noch geheißen, es werde Ende des Jahres Notwohnungen geben. Das Problem: Zuständig für die Notwohnungen sind zwei Ministerien - nämlich das Frauen- und das Innenministerium. Beide wollen die Notwohnungen, sie können sich bloß nicht darauf einigen, wie diese aussehen sollen.

Zentrum vs. Frauenhäuser

Frauenministerin Heinisch-Hosek von der SPÖ bevorzugt das sogenannte "Berliner-Modell": Das sei eine "anonyme Einrichtung in der Großstadt, damit Mädchen und junge Frauen bestmöglich geschützt sind." Doch Innenministerin Mikl-Leitner von der ÖVP möchte kein großes Betreuungszentrum in Wien, sondern will "ein Angebot über ganz Österreich anbieten können. " Die verschiedenen Optionen gelte es, im Detail zu prüfen. Mikl-Leitner kann sich vorstellen ein bis zwei Plätze für Zwangsehe-Opfer in Frauenhäusern in den Bundesländern zu schaffen. Gabriele Heinisch-Hosek hält das aber "für den falschen Weg": Dort würden die Frauen und Mädchen nicht geschützt. "Dort würden Verwandte, Väter, Brüder Onkeln kommen und die Mädchen aufspüren."

Keine finanzielle Frage

Knapp 400.000 Euro würde das Projekt in Wien im ersten Jahr kosten. 200.000 davon - also die Hälfte - soll laut Frauenministerium das Innenministerium übernehmen. Am Finanziellen liege es nicht, sagt Innenministerin Mikl-Leitner. Sie gibt sich überzeugt, dass es "Anfang nächsten Jahres" eine Lösung geben wird.