Zwiespältige Bilanz des Caritas-Präsidenten

Küberl: "Politiker schüren Egoismus"

Einerseits gebe es das Bewusstsein, dass die Finanzkrise nur durch ein Miteinander bewältigt werden könne, sagt Caritas-Präsidennt Franz Küberl. Andererseits wachse der Egoismus bei den Menschen. Als Ursache dafür vermutet Küberl Angstmache, und dass arme Menschen oft abwertend behandelt werden, hier kritisiert Küberl auch die Wortwahl von Politikern.

Mittagsjournal, 24.12.2011

Kleiner Schritt zum Abseits

Die Kluft zwischen den Menschen wächst, lautet der Befund von Caritas-Präsident Franz Küberl, obwohl es manchmal nur ein kleiner Schritt zwischen der Mitte der Gesellschaft und dem Abseits sei. Und die Ansicht, dass jene, die es nicht schaffen, daran nur selber schuld seien, die sei weiter verbreitet als man glaubt. "Und die Häuser der Caritas sind voll mit Menschen, die nie arm werden wollten und die nie gedacht hatten, dass sie absteigen würden."

"Von Europa-Idee nur Euro übrig"

Auf die Frage, ob es der Politik in Österreich gelungen sei, sich der Krise entschlossen entgegen zu stellen, meint Küberl: "Es ist genug daneben gegangen, um's grobschlächtig zu sagen." Die Töne gegenüber Menschen, die Mindestsicherung brauchen, seien oft "nicht druckreif", und das gelte auch für Politiker. In diesem Klima gedeihe eher der Egoismus der Menschen als die Solidarität.

Der Mangel an Solidarität, betreffe nicht nur in Österreich, sondern ganz besonders die Gemeinschaft in Europa, so Küberl: "Von der europäischen Idee des Gemeinsamen, des Friedens, des vernünftigen Wirtschaftens ist zurzeit nur mehr der Euro übrig. Und das ist auf Dauer zu wenig. Auf eine Münze kann man keine Zukunft bauen."

Problem Arbeitslosigkeit

Wie aber nun die Krise bewältigen? Da sei es wohl klar, dass jene, die mehr haben, auch einen größeren Beitrag leisten müssen, sagt Küberl. Als künftig vorrangiges Problem sieht er die nun wieder wachsende Arbeitslosigkeit - dort müsse man ansetzen, denn Arbeitslosigkeit sei für die Betroffen psychisch und wirtschaftlich belastend und für alle teuer. "Schlimmstenfalls" sei auch die Anhebung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu überlegen.

"Jeder gleich viel wert"

Es brauche das Bewusstsein der Gesellschaft , dass es nur miteinander und nicht gegeneinander geht, sagt Caritas-Präsident Franz Küberl. Daher auch sein Wunsch: "Dass endlich der Kern der Geburt Christi durchschlägt, nämlich dass jeder Mensch vor dem Herrgott und vor den anderen Menschen gleich viel wert ist."