Schikane für aufmüpfige Bürger?

Gebühr für einen Brief ans Innenministerium

Stellen Sie sich vor, Sie schicken einen Protestbrief ans Innenministerium und bekommen im Gegenzug die Aufforderung, eine Gebühr zu entrichten. Genau das ist der Journalistin Susanne Scholl passiert, die in einem Schreiben an das Ministerium gegen eine Abschiebung protestiert hat.

Mittagsjournal, 29.12.2011

Peter Babutzky

Standardbrief als Antwort

Der Grund für die Protestbriefe ans Innenministerium war die geplante Abschiebung einer tschetschenischen Familie. Dagegen hat auch die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Susanne Scholl in einem Brief protestiert. "Darauf habe ich einen Schimmelbrief bekommen, in dem gestanden ist, dass jeder Fall geprüft wird."

Jeder Brief eine Eingabe?

Auf einen neuerlichen Protestbrief hat das Innenministerium dann mit einer Rechnung reagiert. Da das Schreiben von Frau Scholl eine sogenannte Eingabe sei, müsse sie nun eine Gebühr von 14,30 Euro zahlen, hieß es in der Antwort. Scholl: "Ich als Staatsbürgerin habe wohl das Recht einen Brief ans Innenministerium zu schreiben und eine Antwort zu bekommen, ohne dafür zahlen zu müssen. Ich nehme mir das Recht heraus, zu sagen wenn mir etwas an der Regierung nicht passt, ohne dafür Gebühren zahlen zu müssen."

Experte: Grenzwertige Vorgehensweise

Auch Verwaltungsrechtsexperte Bernd Christian Funk sieht das Verhalten des Innenministeriums kritisch. Die Vorgangsweise sei an der Grenze des Argumentierbaren. Funk: "Es ist die Frage wie ich es beurteile, aber es ist zumindest sehr unfreundlich und erweckt den Nachgeschmack einer Schikane."

Außenministerium verlangt keine Gebühr

Außerdem sei es nicht in allen Ministerin üblich, dass solche Briefe eine Gebühr nach sich ziehen. Im Außenministerium werden solche Schreiben beispielsweise gratis beantwortet. Denn das entsprechende Gebührengesetz sei eine "Kann" und keine "Muss" Bestimmung, sagt ein Sprecher.

Briefe an Ministerin "gratis"

Im Innenministerium kann man die Aufregung jedenfalls nicht nachvollziehen. Wenn ein Bürger ein Schreiben an den Bürgerdienst oder direkt an die Ministerin richte, dann werde keine Gebühr eingehoben, so ein Sprecher. Im konkreten Fall sei das Protestschreiben aber an die zuständige Abteilung gegangen, daher sei auch eine Gebühr angefallen. Das sei völlig normal.

Journalistin Susanne Scholl hat die Gebühr schließlich bezahlt. Mit dem Protestbriefeschreiben will sie aber nicht aufhören und die nächste Aufforderung zur Gebührenzahlung werde sie mit Sicherheit ignorieren.