Zusammenhalt durch gemeinsame ZIele?

Ungewisse Zukunft für Bosnien

Bosnien-Herzegowina wird demnächst wieder eine gemeinsame Regierung haben. Bosniaken, Serben und Kroaten haben sich nach langem Streit geeinigt. Regierungschef wird ein kroatischer Finanzpolitiker. Doch das Staatsgefüge bleibt auch viele Jahre nach der Beendigung des Krieges brüchig. Der Bosnienbeauftragte Valentin Inzko hofft nun, dass gemeinsame Ziele die Volksgruppen einen können.

Morgenjournal, 30.12.2011

Der Bosnienbeauftragte Valentin Inzko im Gespräch mit Hartmut Fiedler

Große Erleichterung

Der österreichische Diplomat Valentin Inzko ist einer der besten Kenner Bosnien-Herzegowinas und als internationaler Bosnien-Beauftragter auch im eigentlichen Sinn zuständig. Im Ö1 Interview sagt Inzko, die Einigung auf eine Regierung sei eine große Erleichterung im ganzen Land. Der finanzielle Druck von EU und IWF könnte zur Einigung beigetragen haben, "das hilft immer", so Inzko.

Demokratie braucht noch Zeit

Bosnien-Herzegowina sei zwar ein Staat, allerdings aufgeteilt in zwei Entitäten und zehn Kantone, in denen jeweils ein Volk das Sagen habe. "So sieht es auch an der Staatsspitze aus." Der Regierungschef sei nun ein Kroate, weil der nach dem Rotationsprinzip an der Reihe sei. Inzko hofft, dass in Zukunft auch Bürger ohne deklarierte Volkszugehörigkeit gewählt werden können und auch die Minderheiten für jedes Amt kandidieren können, wie etwa die Juden oder die Tschechen oder auch die deutschsprachigen Altösterreicher. Dazu müsse noch die Verfassung geändert werden.

Einigende Ziele

Es sei aber wichtig gewesen, dass einmal die drei großen Völker die Sicherheit erhalten und nicht mehr zu kriegerischen Mitteln greifen müssen, so Inzko. Nun hoffe man zumindest auf ein friedliches Nebeneinander. In Zukunft könnte vielleicht ein EU-Kandidatenstatus und die Anwärterschaft auf die NATO angestrebt werden. Auch die Wirtschaft könnte außer Streit gestellt werden, "dann könnte Bosnien einen großen Schritt nach vorne tun." Besonders drängend sind die wirtschaftlichen Probleme: "Bosnien hat 500.000 Arbeitslose, das sind 42 Prozent der Beschäftigten. Das sind Rahmenbedingungen, die die neue Regierung einfach zwingen, erfolgreich zu sein."