Co-Krimi von Andrea Camilleri und Carlo Lucarelli

Das süße Antlitz des Todes

Das ist etwas für italophile Krimifreunde: eine Coproduktion der zurzeit prominentesten und erfolgreichsten italienischen Kriminalschriftsteller.

Auf der einen Seite, in Sizilien, der - ja man kann ihn wohl so nennen - Ahnherr des Genres, der 1925 geborene Andrea Camilleri. Mit seinen Fällen für den sympathisch-toughen Commissario Montalbano liefert er regelmäßig Bestseller ab, in Italien und im deutschen Sprachraum. Auf der anderen Seite, in Bologna, der 1960 geborene Carlo Lucarelli, der sich sowohl einen Namen als Rechercheur authentischer Kriminalfälle - "Misteri d'Italia" nennt sich die Reihe rund um Mafia, Geheimdienste und andere ungelöste Fälle - gemacht hat, aber auch als Autor zahlreicher Krimis, die sowohl durch den oft bluttriefenden Erzählstoff als auch durch ihre literarische und gelegentlich avantgardistische Umsetzung überzeugen.

Eine der Heldinnen dieser Krimis ist die Bologneser Polizeihauptinspektorin Grazia Negro. Ursprünglich stammt sie übrigens aus Apulien. Wenn die Fama stimmt, so erzählt sie zumindest der italienische Verleger dieser Gemeinschaftsarbeit, ist alldem eine Fernsehdokumentation über Kriminalliteratur vorangegangen, die Camilleri und Lucarelli in einer Art Doppelconference bestritten haben. Daraus entwickelte sich das Projekt eines Briefromans mit dem Verleger als Vermittler und ohne persönlichen Kontakt zwischen den Autoren. Entstanden ist eine durchaus lesenswerte und amüsante literarische Petitesse, an deren Zustandekommen die beiden ihre Freude gehabt haben dürften.

Diskrete Amtshilfe

Der Plot ist schnell erzählt: In Bologna wird die Leiche eines Mannes gefunden. Mit einem Plastiksackerl über dem Kopf, daneben drei verendete Goldfische und im Rachen des Toten ein siamesischer Kampffisch der Gattung Betta Splendens.

Die Bologneser Inspektorin ersucht den sizilianischen Kommissar um diskrete Amtshilfe, und so beginnen Grazia Negro und Salvo Montalbano ohne Rückendeckung durch ihre Vorgesetzten zu ermitteln. Bald ist klar, hier ist eine Profikillerin unterwegs, eine "femme fatale", vollbusig und blond. Übrigens auch per Faksimile im Buch abgelichtet, ebenso wie die beiden Ermittler. Jedenfalls riecht, "stinkt", wie es Montalbano formuliert, die ganze Sache nach Schlapphüten und Geheimdienst.

Intelligenter Briefroman

An wechselnden Schauplätzen treiben Camilleri und Lucarelli das Geschehen voran, am Ende gibt es einen Showdown, dazwischen den postalischen Austausch einiger kulinarischer Spezialitäten zwischen Sizilien und der Emilia-Romagna, sowie ein paar Schlüpfrigkeiten, die wohl den literarischen Fantasien der Autoren geschuldet sind.

"Das süße Antlitz des Todes", im Original hieß der schmale Band "Acqua in bocca" - wörtlich übersetzt "Wasser im Mund", eine Redewendung für schweigen, für nicht darüber sprechen - dieser Briefroman also ist ein durchaus intelligentes Stück Unterhaltung. Eine "literarische Jam-Session" aber auch eine "Schachpartie" hat es der italienische Verleger genannt. Beides trifft zu, denn da wird ebenso konzentriert am Fortgang der Handlung getüftelt wie frei improvisiert.

Service

Andrea Camilleri, Carlo Lucarelli, "Das süße Antlitz des Todes. Ein Fall für Commissario Montalbano und Grazia Negro", aus dem Italienischen übersetzt von Moshe Kahn, Kindler Verlag

Kindler - Das süße Antlitz des Todes