Clint Eastwoods Sicht auf J. Edgar Hoover

Information ist Macht

Er hat unter acht US-Präsidenten und 18 Justizministern gedient und galt zeitweise als der mächtigste Mann der USA. J. Edgar Hoover, langjähriger Chef des FBI, ist heute noch eine der schillerndsten Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte des 20 Jahrhunderts, ein Mann, der die Gesetze oft recht eigenwillig auszulegen wusste.

Wie Hoover vor allem als Mensch war, diese Spurensuche nimmt sich nun Clint Eastwood in seinem neuen Film mit dem schlichten Titel "J. Edgar" vor.

Kultur aktuell, 17.01.2012

Verbissen lässt Präsident Nixon nach dem Tod von J. Edgar Hoover (Leonardo Di Caprio) seine Geheimdienstakte suchen, Senatoren, die vor Ausschüssen unangenehme Fragen stellen, werden bespitzelt, über Präsident Roosevelts Frau hatte der FBI-Chef ebenfalls ein Dossier angelegt und selbst Präsident Kennedy und sein Bruder geraten ins Visier des Geheimdienstbosses.

"Information ist Macht" - nach diesem Motto hat J. Edgar Hoover das FBI von 1924 bis zu seinem Tod 1972 geleitet und diese Information stets für sein eigenes Machtstreben verwendet. "Politiker konnten ihn gar nicht loswerden, weil er einfach zu viel über sie wusste, über jeden Präsidenten", meint Regisseur Clint Eastwood.

Feindbild Kommunismus

Dieser Zug zur Macht in allen Lebenslagen ist der rote Faden durch die Biografie, die Clint Eastwood als konzentrierte Charakterstudie vorlegt, zwischen einer öffentlichen Fassade und sehr privaten Wahrheiten, aber auch Vermutungen. Man lernt hier einen Menschen in seiner Zwanghaftigkeit und Ordnungsliebe kennen, einen selbstsüchtigen und mediengewandten Geschichtenerzähler, der nach und nach in paranoiden Schüben über sein Imperium wacht, stets getrieben vom äußeren Feindbild des Kommunismus als Rechtfertigungsfolie, einen Tyrannen, der seine Mitarbeiter willkürlich demütigte.

Mutter als moralische Instanz

Hoovers Homosexualität vor allem zu seinem Stellvertreter war stets zweifelhaft, Zweifel, die Clint Eastwood und sein Drehbuchautor Dustin Lance Black nicht hegen, diese Beziehung sogar zu einem zentralen Handlungsstrang machen, ebenso Hoovers Mutter (Judy Dench) als wichtige Einflussgröße, vor allem als moralische Instanz.

In fahlen Bildern und einer Rückblendendramaturgie kratzt Clint Eastwood ein wenig an der Legende Hoovers, vom Sockel stößt er ihn aber nicht, radikal Neues bleibt aus. Immerhin kann man erkennen - einer der wenigen politischen Schlüsse - in welcher Geistestradition so manch Konservativer im gegenwärtigen Amerika seine Polit-Propaganda verbreitet.

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J. Edgar