Neue Ausgabe der Zeitschrift "Wespennest"

Austria as it is

Unter dem Titel "Austria as it is" widmet sich die Literatur-Zeitschrift "Wespennest" Österreich wie es ist. Vor bald 200 Jahren hat unter diesem Titel der amerikanische Schriftsteller Charles Sealsfield, in Österreich geboren als Karl Anton Postl, das Österreich der Metternich-Zeit geschildert.

Im "Wespennest" von heute schildern mehrere Autoren das Österreich von heute aus ihrer Sicht: Friedrich Achleitner, Andre Heller, Gerhard Roth und Franz Schuh. Der unternimmt anhand seiner eigenen Biografie einen Streifzug durch 65 Jahre Österreich.

Kultur aktuell, 17.01.2012

"Wir kennen nur eine einzige Wissenschaft: die Wissenschaft der Geschichte", zitiert Franz Schuh Karl Marx. Und in der Folge schreibt er denn auch in seinem Essay über "Austria - as it was" und setzt mit seiner Analyse der österreichischen Befindlichkeit in der Vergangenheit an, zum Beispiel warum es die Politikerkaste so schwer habe, "allseits befriedigende Persönlichkeiten hervorzubringen". Das liege am sozialpartnerschaftlichen Mechanismus, meint Schuh.

Das Ergebnis ist eine mangelnde Konfliktkultur: "Man geht ständig Konflikte ein, deren Lösung man im Vorhinein kennt. Das ist in the long run nicht demokratisch", so Schuh, sondern das sei eine Neutralisierung der Kräfte.

Die "Erosion des Bürgerlichen"

Sein Interesse an der Österreich-Frage konzentriert sich auf die 1950er und 60er Jahre, sagt Franz Schuh, und er denkt nach über das Nachkriegswien und den Kalten Krieg, den Brecht-Boykott und die Wiener Gruppe, weiter dann über die Kreisky-Ara und die Folgen.

Die Zeit der Österreich-Beschimpfungen und der großen Österreich-Kritiker ist vorbei, sagt Franz Schuh. Es gehe vor allem um Orientierungsarbeit. "Ich will nicht ordinär werden, aber was ist denn das eigentlich, dass ein Graf, der als Lobbyist fast weltbekannt ist, mit dem Diplomatenpass herumreist? Dass ein Exminister mit dem Diplomatenpass vielleicht die Unsummen seiner Schwiegermutter durch die Gegend bringt? Es ist da etwas passiert, was man eine Erosion des Bürgerlichen nennen könnte."

Dass diese Basis verloren gegangen ist, das hätten die Intellektuellen des Landes längst erkannt. Da sie das bereits alles gesagt hätten, seien sie "in der schrecklichen Rolle, sich höchstens wiederholen zu können", meint Schuh. Wenn man von denselben Leuten immer wieder dasselbe höre, werde "die Stumpfheit noch größer".

Austria as it is. Die neue Ausgabe der Zeitschrift "Wespennest" wird am Donnerstag, 18. Jänner 2012, in der Alten Schmiede in Wien präsentiert.

Textfassung: Ruth Halle