"Old Ideas" eines alten Barden
Neues Album von Leonard Cohen
"Marianne", "Suzanne" oder "Halleluja". Seit über 40 Jahren gehört Leonard Cohen zu den prägendsten Stimmen im Musikgeschäft. Heute erscheint nach acht Jahren Pause ein neues Studioalbum, das insgesamt 12. des Altmeisters: "Old Ideas".
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 27.01.2012
Wenn es sich jemand anmaßen darf, dann wohl er: Leonard Cohen als das Sprachrohr Gottes im Opener "Going Home". Vielleicht sind es aber auch nur Selbstgespräche. Die Rolle des Weisen und Sehers andeutend, um dann selbstironisch den Dichter wieder als Spieler und faulen Hund zur Marionette zu degradieren, der keine Visionen habe und keine brauche.
Alltägliche Gedanken
Nach seiner Welttournee, die eigentlich vor allem als Schuldenabbau gedacht war, dann aber zum Triumphzug wurde, nun das neue Album des 1934 in Montreal geborenen Cohen: "Old Ideas". Alte Ideen oder, wie Cohen hinzufügt: Angelegenheiten, die einen beschäftigen. Wie alte Freunde. Alltägliche Bedenken.
Es sind alte Ideen, die er besingt und schon immer besungen hat. Das Heilige verbirgt sich da im Obszönen und umgekehrt, während er vom Vergehen der Zeit und der Liebe erzählt. Wohl selten klingt das Wort "baby" so tiefsinnig. Hymnen auf die Verflossenen, Liebenden, den Frauenverschleiß. Der 77-jährige Cohen, der um ein bisschen Gnade fleht. "I know you have to hate me, but could you hate me less?"
Tiefgründig und selbstironisch
"Old ideas" ist ein Album voller nobler Zurückhaltung. Mit dosierter Instrumentation und über allem die längst nur mehr im Erzählduktus Melodien andeutende Stimme Cohens. Einmal greift er wie am Anfang seiner Karriere selbst zur Gitarre. Lässt sich sonst von Streichern, Keyboard oder den wieder und wiederkehrenden Backgroundsängerinnen einrahmen.
Tiefgründig, aber dabei zugleich sarkastisch und selbstironisch wie selten zuvor präsentiert sich Cohen bei seinen "Old Ideas". Keine Zukunft habe er, nur noch wenige Tage, singt er in "Darkness", einem Blues auf die Altersdepression. Eine der besten Nummern des Albums.
Ob er im Sinnieren über den Tod zu einer Conclusio gekommen sei, fragte ein Journalist bei der Albumpräsentation in Paris. Ja, dass er sterben werde, so Cohen zynisch. Doch dazu habe er noch keine Zeit, er arbeite an einem neuen Album. Vielleicht werde es schon in einem Jahr präsentiert. Wer weiß. Nach "Old Ideas" darf man sich jedenfalls darauf freuen.