Wie Zahlen wirken

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Warum haben wir Angst vor der Zahl 13? Weshalb arbeiten Teams am effektivsten, wenn sie aus genau sieben Mitarbeiter/innen bestehen? Wenn Zahlen einfach nur kalte, technische Werkzeuge sind, um die Welt besser einteilen und verstehen zu können, warum wirken sie auf uns auf so vielen anderen Ebenen?

Der Volkswirt Holm Friebe und der Kulturwissenschaftler Philipp Albers sind unserem oft irrationalen Umgang mit Zahlen umfassend auf den Grund gegangen. "Was Sie schon immer über 6 wissen wollten" liefert Antworten auf Fragen, die sie vielleicht schon zu fragen wagten, die aber nirgendwo so kompetent und kurzweilig beantwortet wurden.

Magische Anziehung

Oberflächlich betrachtet ist das Bild von der langweiligen Zahl und den noch langweiligeren Menschen, die sich mit ihr beschäftigen, sicher berechtigt: Mathematik gehört nach wie vor zu den "uncoolsten" Schulfächern. Mitarbeiter, die die meiste Zeit ihres Arbeitslebens mit Excel-Tabellenkalkulationen verbringen, zählen selten zu den umschwärmten Partylöwen bei Firmenfesten. Und auch Sudokus haben nach anfänglichem Hype viel an Anziehungskraft verloren.

Doch es gibt Zahlen, die uns magisch anziehen: 9,99 Euro im Supermarkt, die ganz persönliche Glückszahl als fixe Größe am Lottoschein oder ein fettes Plus am Konto. Über ihren reinen mathematischen Wert hinaus, entfalten Zahlen eine ästhetische und psychologische Wirkung. Wenn man über diese oft unbewussten Mechanismen Bescheid weiß, kann das - so die Autoren - im Leben durchaus von Vorteil sein.

Ausflug in die Geschichte

Schon die Pythagoräer wussten, dass Zahlen nicht nur zum Zählen da sind. Sie glaubten fest an deren "Charakter" und an die geheimnisvollen Signale, die von ihnen ausgehen. So galt etwa die 10 als vollkommen, weil sie die Summe aus 1, 2, 3 und 4 bildet. Die ungeraden Zahlen waren für sie männlich, die geraden weiblich. Die 4 sah man als Symbol der Gerechtigkeit, weil sie aus zwei gleichen Paaren besteht.

Unglückszahl 13

Die Assoziationen, die Zahlen bei uns auslösen, sind natürlich individuell verschieden. Dennoch sind klare kulturelle Unterschiede zu beobachten. So ist im deutsch- und englischsprachigen Raum die 13 eine traditionelle Unglückszahl. In Italien übernimmt die Rolle allerdings die 17. Der Aberglaube geht dort so weit, dass man bei der Fluglinie Alitalia die 17. Sitzreihe einfach nicht mitzählt.

Bei manchen Menschen nimmt die Fixierung auf eine bevorzugte Zahl durchaus obsessive Züge an. Der Fachausdruck wird gleich mitgeliefert: Zahlenidiosynkrasie. So berichtet etwa eine Berliner Designerin, dass sie ihr Glas Saft zum Frühstück stets mit einer ungeraden Anzahl von Schlucken zu leeren pflegt. Dazu meint sie: "Ungerade trinken fühlt sich richtig gedacht an, alles andere wäre falsch und würde den Tag ruinieren."

Gerade / ungerade

Genau das gegenteilige Verhalten ist vom britischen Fußball-Star David Beckham überliefert. In seinem Haushalt muss immer alles in geraden Linien oder in Paaren angeordnet sein. Seine Gattin Victoria merkte zu diesem Phänomen an, dass ihr Liebster beispielsweise angesichts von drei Cola-Dosen im Kühlschrank eine davon wie unter Zwang sofort entsorgen müsse.

Coke Zero, CK One, nimm2, 3M, Renault 4, Chanel No. 5, R6, SevenUp, 08/15, Porsche 911, Ernte 23 oder 4711 - Zahlen haben in zahlreichen Markennamen ihren selbstverständlichen Platz eingenommen. Interessant ist dabei nicht nur die Entwicklungsgeschichte, wie es zu diesen Bezeichnungen kam, sondern auch die psychologische Note. So suggerieren niedrige Nummern Exklusivität, während komplizierte Angaben wie etwa "Samsung UE32C6000" oder "Panasonic TC-L42U30" dem Konsumenten vor allem eines vermitteln sollen:

Magische Zusammenhänge

Zahlenmagie existiert seit jeher: Ob man da die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets, die zugleich Zahlen sind, zitiert, oder die Maya mit ihren 13 Himmeln. Fest verankert ist sie vor allem in der Pop-Kultur. Aufgezählt werden hier die 666, die als "number of the beast" vom Magick-Philosophen Aleister Crowley bis zu Heavy-Metal-Bands wie Iron Maiden nicht fehlen darf.

Oder die 27, die als Geburtstag das Todesjahr von verhältnismäßig sehr vielen Rockstars einleitete: Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und Amy Winehouse zählen dazu. Die 23, Kultzahl aller Verschwörungstheoretiker und sozusagen die "große, böse Schwester" der 13, darf hier natürlich nicht fehlen.

Gesendete Botschaften

Proportionen wie der Goldene Schnitt oder Formate wie DIN A4 oder 16 zu 9 geben unserer Welt ein bestimmtes Aussehen. Egal ob in Mengen, Preisen oder Relationen senden Zahlen Botschaften aus. Anhand von neuesten Erkenntnissen aus den Disziplinen Psychologie, Biologie und Ökonomie deckt das Autorenduo auf, wo und wie Zahlen unseren Alltag mitbestimmen. Die Kenntnis darüber ist nicht nur ein Lustgewinn, sondern hat durchaus Gebrauchswert.

Wenn Sie nach dem Lesen wissen, warum sie nur maximal 150 echte Facebook-Freunde haben können, wieso der Zufall nicht wie Zufall aussieht, oder weshalb die 7 trotz Todsünden, apokalyptischen Reitern und verflixten Jahren die beliebteste Ziffer ist, hat sich die Lektüre jedenfalls ausgezahlt.

Service

Holm Friebe & Philipp Albers, "Was Sie schon immer über 6 wissen wollten. Wie Zahlen wirken", Hanser Verlag

Hanser Verlag - Was Sie schon immer über 6 wissen wollten