Paul Nizons letzter Journal-Band

8. April 2017, 21:58

Der 82-jährige gebürtige Berner, der seit langem im Paris lebt, ist ein literarischer Einzelgänger par excellence. Er wird viel gelobt, gilt allerdings als Geheimtipp, obwohl er rund 30 Bücher geschrieben hat. Seinen ersten Roman "Canto" hat Paul Nizon in den frühen 1960er Jahren herausgebracht. Und seit den frühen 60er Jahren schreibt er auch an seinen Tagebüchern; in den 90ern hat er begonnen, sie zu veröffentlichen.

"Werkstattbericht und Gedankenlaboratorium" nennt Paul Nizon seine Journale, den Begriff Tagebücher lehnt er ab. Als unpolitischer Autor wurde Paul Nizon bis dato immer wieder tituliert, die vergangenen Jahre haben aber offenbar seinen Blick auf die soziale Wirklichkeit geschärft. In seinem jüngsten Journal macht er sich Gedanken über Migration und Integration, über französischen Nationalismus und die Banlieue-Jugend. Vor allem der Regierungschef seiner Wahlheimat, Nicolas Sarkozy, ist ihm ein Dorn im Auge. "Sarkozy - eines Tages wird er an Frankreich Feuer legen. Wie Nero", notiert Paul Nizon am 27.12.08.

In Frankreich, in Paris lebt Paul Nizon seit rund 35 Jahren "Paris ist das Bad des Lebens, mein Element", schreibt er. Von Sentimentalität keine Spur, wenn er zurückschaut in seine ehemalige Schweizer Heimat. "Nicht auszudenken, was aus und mit mir geworden wäre, hätte ich bleiben müssen", schreibt er in seinem Journal, und weiter heißt es da: "1976/77, habe ich eben noch den letzten Zug zu meiner Rettung erwischt, ich meine die künstlerische Rettung.

"Was haben Sie zu erzählen?", hatte er sich selbst in einem seiner frühen Werke gefragt. Die Antwort: "Nichts. Kein Stoff, keine Geschichte, nur diese Schreibpassion in den Fingern."

Textfassung: Ruth Halle