Nachruf auf Mike Kelley

Unheimliche Welten

Zahlreichen Meldungen zufolge wurde der Installationskünstler und Musiker Mike Kelley in der Nacht zum Mittwoch, 1. Februar 2012, in Los Angeles tot aufgefunden. Der 57-Jährige soll an Depressionen gelitten und sich das Leben genommen haben.

In Österreich sorgte Mike Kelley zuletzt im Kunsthaus Graz mit seinem Beitrag "Sex, Drugs, and Rock and Roll Party Palace" in der Ausstellung "Schere-Stein-Papier" für Aufsehen. Und 2004 kuratierte er im MUMOK eines Ausstellung mit dem Titel "Das Unheimliche", in der er schauerliche Arbeiten von Paul McCarthy und Christo zeigte.

Kulturjournal, 02.02.2012

Bei Mike Kelley wusste man nie so genau, woran man war. Er schuf unheimliche Welten, die aufgeschlitzte Stoffpuppen bevölkerten, in denen einen Wachsfiguren mit blutunterlaufenen Augen anblickten und unschuldige, zerstückelte Stofftiere eine besondere Rolle spielten.

Auch im Kunsthaus Graz schuf er 2009 eine Installation, die wie ein hemmungsloser Karneval wirkte: laut, anstößig, ein bisschen widerwärtig und ungeheuer sarkastisch. Vier riesige Hüpfburgen waren da aufgebaut. Laute Gebläse hielten die Riesenpilze und Plastikschlösser in Form, auf deren Außenwände groteske Pornovideos projiziert waren. Es war die zugespitzte Karikatur einer Spaßgesellschaft, die Groteske einer übersexualisierten Gesellschaft.

Perversion und Ekel

Der 1954 in der Nähe von Detroit geborene Multikünstler pendelte zwischen Performances, Malerei, Installationen, Zeichnungen, Film und Texten. Die Tabus der amerikanischen Gesellschaft, die Perversion, kollektive Ängste, den Ekel und Schmutz holte er in seiner Kunst ans Tageslicht. Zu Lebzeiten definierte er einmal, was "unheimlich" für ihn bedeutete: "Eigentlich ist unsere Welt heute viel schrecklicher, als das eine Skulptur oder eine Wachsfigur je darstellen kann. Heute fürchtet man sich ja nicht einmal in Horrorfilmen. Heute haben die Nachrichten und Medien diese Rolle übernommen."

Mike Kelley war auch musikalisch tätig. 1977 gründete er zusammen mit Tony Oursler die Punk-Band The Poetics, die bis 1983 bestand. Er arbeitete mit Musikgrößen wie zum Beispiel Paul McCartney und Sonic Youth zusammen, komponierte aufwendige Sound- und Musikproduktionen und arbeitete als Kunst- und Musikkritiker für verschiedenste Magazine.

Textfassung: Ruth Halle

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Mike Kelley