Leo Lukas: Keiner hat mich lieb

Die "Café Sonntag" Glosse

Ah, da sind Sie ja. Grüß Sie, nur herein ... Ziehen's bitte die Schuhe aus und knotzen's sich da auf die Couch, ganz gemütlich und entspannt, dann können wir gleich loslegen.

Der Herr Heinz-Christian, gell? - Sie kürzen lieber ab, weiß schon, auf HC. HC, wie honoris causa ... Ob da nicht unterbewusst ein bissel der Wunsch nach einem Doktortitel durchklingt, hm? Aber über das haben wir ja bereits geplaudert. Wo drückt denn heute der Schuh?

- Sie haben alle Menschen furchtbar lieb, doch leider wird das nicht ausreichend erwidert. Im Gegenteil, man ist total gehässig zu Ihnen. Na sowas ... Zum Beispiel die Sache mit dem Orden. Erst verspricht man Ihnen einen, und Sie haben sich auch mit dem Kicki und dem Vilimsky schon ganz was Pfiffiges ausgehirnt, wie Sie diesen Orden am spektakulärsten nicht tragen werden - und dann heißt's auf einmal nein, alles zurück, nix is mit dem Ehrenzeichen! Bloß weil Sie am Korporiertenball in trauter Runde in Anwesenheit eines Journalisten gemeint haben, zu Ihnen, den Freiheitlichen Burschenschaftern, ist man heutzutage praktisch genauso schiach, wie man früher einmal zu den Juden war.

Hm. Nehme an, die Idee, dass dieser Vergleich einen neuen Spitzenwert auf Ihrer persönlichen, nach oben offenen Fettnäpfchen-Skala darstellt, ist Ihnen noch nicht gekommen, oder? - Dachte ich mir.

Unter uns, ich frage mich seit Längerem, wieso Sie, Herr HC, und Ihre Gesinnungsfreunde so extrem wehleidig sind. Ich mein', groß beim Austeilen in alle Richtungen, eher Bihänder als feine Klinge - aber kaum werden Sie für irgendetwas kritisiert, heißt's sofort pfui, buh, voll gemein, Menschenhatz, Schmutzkübelkampagne, linksfaschistischer Medienterror, und überhaupt wird geklagt, was das Zeug hält. Sehen Sie, wäre ich Psychiater und nicht bloß satirischer Lebensberater, ich würde glatt auf eine narzisstische Störung tippen. - Nein, "narrrzisstisch", bitte beruhigen Sie sich wieder! Tief durchatmen, Herr HC ...

Okay. Dieses Gefühl, ständig ungerecht behandelt zu werden. Piep piep piep, keiner hat mich lieb. Woher das kommen könnte? - Wenn Sie mich fragen: Weil unsere Altvorderen den Krieg verloren haben. Distanzieren können Sie sich nicht gut. Da müsstet's ja in euren Buden die meisten Porträts von den Wänden nehmen. Geht nicht, von wegen Treue und so. Also hängt euch das Loser-Image nach, und da wird man natürlich dünnhäutig.

Freilich, und das ist dann wieder ein Bonus, sind Sie dadurch umso attraktiver für andere Loser. Zu kurz Gekommene, die eigene Fehler nicht einsehen wollen und die Schuld für ihre Misere lieber bei den Anderen suchen. Die blicken auf zu Ihnen, für die sind Sie regelrecht ein Idol, ein Role-Model, tschuldigung für die undeutschen Ausdrücke, sagen wir: ein Muster, ein regelrechter Prophet. Ja, wirklich! Jesaia auf Österreichisch, als Abkürzung von "Jammern, Einschenken, Sticheln, Aufhussen, Intrigieren, Abstreiten". Kein Wunder, dass Ihnen die Mühseligen und Beladenen in Scharen nachlaufen.

No, schon geht's wieder besser, gell? Und falls Ihnen das ein zusätzlicher Trost ist: Auch der Spindi wird weiterhin mit Ihnen kokettieren. Schließlich klingt für ihn "national" allemal noch harmloser als "sozialistisch".