Diversion bei Korruptionsdelikten gestrichen

Sparpaket: Justizministerium macht Rückzieher

Das Justizministerium streicht einen umstrittenen Punkt aus seinem jüngsten Gesetzesentwurf: Das Vorhaben, bei Wirtschafts-, Amts- und Korruptionsdelikten unter bestimmten Voraussetzungen gar kein Gerichtsverfahren durchzuführen.

Verschoben wird die Erweiterung der Bezirksgerichts-Zuständigkeit auch auf Prozesse. Richter, Anwälte und Rechtswissenschafter hatten die Vorschläge massiv kritisiert.

Abendjournal, 28.2.2012

Karl für nochmalige Diskussion

Also: Vorerst doch keine Erledigung kleiner Amts- und Korruptionsdelikte per Geldbuße beim Staatsanwalt. Die Ministerin will das noch näher diskutierten, in einer Arbeitsgruppe. Richter und Anwälte hatten kritisiert: Diese sogenannte Diversion sei das falsche Signal an die Bevölkerung, in Zeiten, in denen Korruption ein politisches - und juristisches Riesenthema ist.

Eine Sprecherin von Justizministerin Beatrix Karl sagte, man werde angesichts der vielen Befürchtungen in aller Breite diskutieren, die Ministerin erachte es aber nach wie vor als sinnvoll, die Diversion für die vielen Fälle kleinerer Amtsdelikte anzuwenden, etwa das Ausstellen eines Autopickerls ohne Überprüfung des Fahrzeugs.

Kleinstdelikte unbestritten

Auch die Standesvertreter der Richter räumten heute ein, dass in einfachen Fällen von Amtsmissbrauch ohne Vorteilsnahme die Diversion vernünftig sei, zum Beispiel, wenn ein Lehrer, der vorweg Prüfungsfragen verrät, eben nicht in einem Strafprozess verurteilt wird.

Selbst die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die sich stets eine Diversion für - so wörtlich - unbedeutende Fälle des Amtsmissbrauches - gewünscht hatte, ist zufrieden.

Bezirksgerichte später aufgewertet

Punkt zwei: Die Bezirksgerichte werden nun erst mit Anfang 2013 auch größere Zivilprozesse durchführen, die bisher den Landesgerichten vorbehalten sind. Im bisherigen Entwurf war schon die Jahresmitte 2012 als Datum für diese Reform angegeben. Hier hatten die Standesvertreter kritisiert: Das kommt zu schnell, es sei nicht einmal klar, ob und wie viele Richterstellen dann von den Landes- zu den Bezirksgerichten wandern.

Richter zufrieden

Die Richtervertreter begrüßten heute das Einlenken des Justizministeriums. In Sachen Wertgrenzenreform bei den Bezirksgerichten halten sie eine spätere Zustimmung offenbar für nicht ausgeschlossen, erwarten aber - wie es wörtlich heißt - "flankierende" Maßnahmen beim Personal. Und der Rechtsanwaltskammertag lobt jetzt die Dialogbereitschaft des Justizministeriums.