Tausende verlassen Homs

Syrer flüchten in den Libanon

Die Lage in der von Regierungstruppen belagerten Stadt Homs wird immer unerträglicher. Jetzt versuchen die Menschen zu Tausenden, aus dem Land zu fliehen. Allein in den letzten zwei Tagen sollen laut UNO mehr als 2.000 Menschen über die syrische Grenze in den Libanon geflohen sein.

Mittagsjournal, 6.3.2012

Mit Kindern und Plastiksäcken

Die meisten fliehen in der Nacht, wenn es dunkel ist. Nur so, glauben sie, können sie es aus der streng bewachten Stadt herauskommen. Wer gesehen wird, überlebt meist nicht, sagt ein Flüchtling: "Wer bei einer Straßensperre gesehen wird, wird getötet." Eine Syrerin erzählt: "Sie haben meinen Mann getötet, sie haben ihn an einem Checkpoint mitgenommen."

Mehr als 2.000 Menschen sind allein in den vergangenen zwei Tagen über die libanesische Grenze geflohen, berichtet die UNO. Sie kommen aus Homs und anderen syrischen Städten in Grenznähe, die von der syrischen Armee beschossen werden.

Bewohner der nordlibanesischen Stadt Arsal berichten von mehr als 150 Familien, die allein am Sonntag in ihre Stadt gekommen sind, die meisten von ihnen mit kleinen Kindern und Plastiksäcken, in die sie hastig ihre wenigen Habseligkeiten gepackt hatten.

Von Angst vertrieben

Und auch von dem kleinen libanesischen Grenzdorf Quaa, nur 15 Kilometer von der syrischen Protesthochburg Homs entfernt, werden hunderte Flüchtlinge gemeldet, sagt Dana Sleiman vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat im Libanon: "Wir wissen, dass einige syrische Familien in dieser Region untergekommen sind, wie viele es sind, versuchen wir gerade zu klären. In der Zwischenzeit sind unsere Mitarbeiter vor Ort im Einsatz, sie verteilen Lebensmittel, Decken und Hygieneartikel."

Laut libanesischen Behörden befinden sich momentan insgesamt 10.000 syrische Flüchtlinge im Land. Aufgrund der eskalierenden Gewalt der vergangenen Tage is die Zahl der Flüchtlinge rasant gestiegen, sagt Sleiman:
"Wir haben mit einigen Flüchtlingen geredet, die meisten von ihnen sind aus Angst geflohen, aus Sicherheitsgründen."

Noch keine Flüchtlingslager

Im Norden des Libanons, an der Grenze zu Syrien, sind die Gemeinden und Dörfer schon auf die Flüchtlinge eingestellt. Seit Monaten strömen verzweifelte Familien aus Syrien in ihr Land, um den Auseinandersetzungen mit der Armee zu entgehen. Flüchtlingslager im engeren Sinne gibt es noch keine, sagt die die Mitarbeiterin der UNO: "Wir sind darauf vorbereitet, öffentliche Flüchtlingslager zu errichten, aber das soll unser letzter Ausweg sein. Die meisten Leute leben bereits in von den Gemeinden bereit gestellten Unterkünften und wir versuchen derzeit, diese Unterkünfte so gut es geht, zu unterstützen. Sollte das nicht reichen, werden wir öffentliche Stellen einrichten, verlassene Schulen, leerstehende Gebäude - sollte es da Bedarf geben."

Fluchtwelle auch in anderen Ländern

Doch auch aus anderen Nachbarländern Syriens werden viele Flüchtlinge gemeldet. Die Türkei spricht von 11.000 Menschen, die in den Auffanglagern an der syrischen Grenze Zuflucht suchen, die jordanische Regierung berichtet sogar von 80.000 Ankömmlingen.