Statt eines großen Abschieds
Kleiner Zapfenstreich für Wulff
In Berlin wird der ehemalige deutsche Bundespräsident Christian Wulff mit dem Zapfenstreich aus dem Amt verabschiedet. Nicht jeder will ihm diese Ehre erweisen - es gibt zahlreiche Absagen. Und viele haben Wulff geraten, auf den Zapfenstreich überhaupt zu verzichten. Aber das tut er nicht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.3.2012
Abschied im Alptraum
Weil es jedem Bundespräsidenten zugestanden wird, hat sich auch Wulff bestimmte Lieder gewünscht, die von der Militärmusik zum Abschied dargebracht werden. Wulff hat sich - bezeichnenderweise - unter anderem für den Song "Over the Rainbow" entschieden. In den schönsten Farben hat sich Christian Wulff seine Amtszeit als Bundespräsident ausgemalt. Wie auch "Over the Rainbow" von einem Paradies erzählt, wo der Himmel blau ist und "die Träume, die Du zu träumen wagst, tatsächlich wahr werden". Für Wulff ist ein Alptraum wahr geworden und er muss ihn noch immer durchleben.
Appelle an Wulff
Denn mit seinem Rücktritt ist die Affäre nicht beendet worden. Im Gegenteil - die Diskussion geht munter weiter. Soll Wulff - so wie seine Vorgänger, den sogenannten Ehrensold bekommen oder nicht - in Summen ausgedrückt: jährlich knapp 200.000 Euro auf Lebenszeit. "Ja", hat das Bundespräsidialamt mittgeteilt - "nein" sagt die Mehrheit der Deutschen Bevölkerung, aber auch Parteikollegen und natürlich die Opposition. Sie appelliert an Wulff, er solle zumindest freiwillig so lange darauf verzichten, bis die Vorwürfe gegen ihn geklärt sind.
Dass Wulff auch noch zusätzliche Privilegien in Anspruch nehmen will, wie Fahrer, Mitarbeiter usw,, das liegt dann außerhalb des Akzeptablen für so manchen oppositionellen Politikern, wie etwa für die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft ( SPD). "Ich bin erstaunt und frage mich, wer ihn berät, diese Ansprüche zu stellen."
Merkel "selbstverständlich" dabei
"Irgendwann werde ich die Wolken weit hinter mir lassen und an einem Ort aufwachen, wo der Ärger wie Zitronenbonbons schmilzt", heißt es im Lied, und das hat sich Wulff wohl in den letzten Wochen auch gewünscht. Spätestens heute mit dem Zapfenstreich. Jeder deutsche Bundespräsident wird mit dieser Zeremonie aus dem Amt verabschiedet. Aber bei Wulff ist sogar diese militärische Ehrerweisung umstritten. Keiner seiner Vorgänger wird dabei sein, viele geladene Gäste haben abgesagt, die meisten natürlich aus terminlichen Gründen. Zumindest die Kanzlerin Angela Merkel nimmt sich Zeit , wie ihr Pressesprecher Steffen Seibert erklärt. Darin drücke sich der Respekt am höchsten Amt im Staate aus.
Aber genau dieses Amt habe Wulff durch sein Verhalten beschädigt, ist die Mehrheit der deutschen Bevölkerung überzeugt - Ehre gebühre ihm dafür nicht. Ob dieser massiven Kritik ist es vielleicht ein wenig nachvollziehbar, warum Christian Wulff mit dem Song "Over The Rainbow" verabschiedet werden will - in dem es am Ende heißt: "Wenn glückliche Bluebirds auf die andere Seite des Regenbogens fliegen können, warum nur, warum kann ich das nicht?"