Dokumentation über die EU

Brüsseler Alltag

Wer zieht wirklich die Fäden hinter den großen politischen Entscheidungen der EU? Dieser Frage geht ein Dokumentarfilm nach, der ab morgen in den heimischen Kinos zu sehen ist: "The Brussels Business".

Kulturjournal, 15.03.2012

Filmemacher Friedrich Moser im Interview

Der österreichische Filmemacher Friedrich Moser und sein Regiekollege Matthieu Lietaert geben darin den Blick frei auf ein dichtes Netzwerk aus Politik, Lobbyismus und einflussreichen Interessenvertretungen.

Mittagsjournal, 15.03.2012

"Die Leute verstehen nicht", sagt Keith Richardson gleich zu Beginn des Films, "was die EU ist, wie sie verwaltet wird und wer die Menschen sind. Aber sie wissen, dass diese nicht vom Volk gewählt wurden". Die EU habe ein Demokratiedefizit.

Keith Richardson ist der ehemalige Generalsekretär des ERT, des "European Round Table of Industrialists", der ersten großen, Anfang der 1980er Jahre gegründeten Lobbygruppe in Brüssel - ein Zusammenschluss der Konzernchefs von Industriegiganten wie Philips und Volvo, Siemens oder großen Erdölkonzernen wie Shell und BP. Eine Lobby, die seit ihrer Gründung eine zentrale Rolle in der EU-Politik spielt, so Regisseur Friedrich Moser. Und waren die Türen in Brüssel einmal offen, habe auch die Einflussnahme in anderen Bereichen begonnen, so Moser weiter.

Moser und seinem Regiekollegen Matthieu Lietaert ist es dabei gelungen, neben Aktivisten auch Politiker, Wirtschaftsvertreter und Lobbyisten vor die Kamera zu holen. Dabei fasziniert, wie offen hier über Lobbyismus, über Deals mit der Politik und Druck auf die Politik gesprochen wird. Es gehe hier um eine Ebene hinter den Institutionen, so ein Lobbyist im Film. Eine Ebene auf der es darum gehe, Einfluss auf die Institutionen zu haben, Ideen zu geben.

Dabei stellt Moser klar, dass Lobbyismus an sich ja nichts Schlechtes sei. Das Problem sei die Intransparenz hinter politischen Entscheidungen und ein daraus resultierendes Ungleichgewicht. Symptomatisch für das Lobbyismus-Problem in Brüssel sei dabei etwa auch das Agieren der EU-Kommission in der aktuellen Finanzkrise, so Moser.

Der Film "The Brussels Business" ist - ohne die Union dabei hinterfragen zu wollen - ein Blick hinter die Mechanismen politischer Entscheidungen auf EU-Ebene. Ein Film über das, was sich zwischen den Zeilen und in Bruchstücken immer wieder erahnen lässt, worüber in der öffentlichen Diskussion aber gerne geschwiegen wird.

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Austrian Film - The Brussels Business