Wegen langer Verfahrensdauer

Reporter geht zum Menschenrechtsgericht

Der Rechtsstreit zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem ORF-Reporter Ed Moschitz zieht weitere Kreise: Nun soll sich auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit der Sache befassen, und zwar wegen der langen Dauer des Verfahrens.

Mittagsjournal, 23.3.2012

Umstrittenes Videoband

Es ging um eine Veranstaltung der FPÖ in Wiener Neustadt, vor laufender Kamera kam es zu einer Begegnung zwischen FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache und jugendlichen Skinheads. Strache gab an, dabei Nazi-Sprüche gehört zu haben und beschuldigte den ORF-Reporter Ed Moschitz der Anstiftung dazu. Für die Behörden ist dieser Vorwurf inzwischen vom Tisch - nicht aber jener, das Videoband des Vorfalls sei manipuliert worden.

"Seit zwei Jahren kriminalisiert"

Das Band sollte seit letztem Jahr schon von Experten in Deutschland untersucht werden, es sei bisher aber von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt noch gar nicht abgeschickt worden, sagt Moschitz: "Für mich bedeutet das, ich bin seit zwei Jahren kriminalisiert und in meiner Arbeit als Journalist eingeschränkt."

"Versuch, mundtot zu machen"

Rechtsanwalt Richard Soyer wirft der Staatsanwaltschaft Untätigkeit vor, er sieht ein Verzögern und Versagen der Strafjustiz: "Man kann das schon als Versuch werten, einen kritischen Journalisten mundtot zu machen." Es wäre der Behörde freigestanden, das Strafverfahren wegen Beweismittelfälschung schon längst einzustellen, sagte Soyer.

"Massive Rechtsschutzlücke"

Nun werde eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschrechte eingebracht, sagt die Medienanwältin Maria Windhager: "Das faire Verfahren nach Artikel 6 MAK, der Menschenrechtskonvention soll sicherstellen, dass solche Vorwürfe in abgemessener Zeit abgeklärt werden. Ich sehe hier eine massive Rechtsschutzlücke, dass jemand, der in einem staatsanwaltlichen Verfahren drinnen hängt, sich nicht wehren kann, wenn die Behörde untätig ist."

Behörde weist Vorwürfe zurück

Seitens des Justizministeriums verweist man für eine Stellungnahme an die
Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt: Erich Habitzl, Leiter der Medienstelle, weist den Vorwurf zurück, hier solle ein kritischer Journalist mundtot gemacht werden. Die Staatsanwaltschaft sei verpflichtet, den Sachverhalt zu klären. Die Verzögerung komme von diversen Anträgen des Journalisten selbst, das Band liege erst seit Dezember wieder bei der Staatsanwaltschaft. Auch die Suche nach einem Sachverständigen in Deutschland habe Zeit gebraucht. Jetzt sei das Rechtshilfersuchen an Deutschland vorbereitet und werde in den nächsten Tagen abgeschickt.

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