Wien-Gastspiel von Georg Schramm
Meister Yodas Ende
Der Name Georg Schramm ist in Deutschland so bekannt wie in Österreich Josef Hader. Sprich, Georg Schramm ist einer der führenden deutschen Kabarettisten. Diese Woche tritt er im Wiener Stadtsaal mit seinem aktuellen Programm "Meister Yodas Ende" auf.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 02.04.2012
Der Mann wirkt ein wenig verschroben und wie aus den 1970er Jahren übriggeblieben. Er trägt straff zurückgekämmtes Haar, eine strenge Brille, und an der Rechten einen schwarzen Lederhandschuh, der wohl eine Prothese kaschiert.
Nein, im wirklichen Leben sieht der Kabarettist Georg Schramm so nicht so aus. Wohl aber seine bekannteste Figur namens Lothar Dombrowski. Ein gestrenger norddeutscher Rentner, den der Zorn über die Verhältnisse beflügelt. Weder kann er sich mit der EU-Finanzpolitik abfinden noch mit den Methoden, die etwa in Deutschland zu einer sinkenden Zahl von Asylwerbern führen. "Dombrowski" fragt von der Bühne: "Hat ihnen eigentlich mal jemand erzählt, dass wir dafür seit fünf Jahren eine Privatarmee bewaffnen und finanzieren, die unter den Namen "Frontex" jede Nacht in internationalen Gewässern unter Verletzung sämtlicher Menschen- und Seefahrtsrechte Flüchtlingsboote anhält, ihnen Trinkwasser und Benzin abnehmen, damit sie keine europäischen Hoheitsgewässer mehr erreichen können, und sie anschließend ihrem Schicksal überlässt ? Hat Ihnen das schon mal wer erzählt? Nein. Warum auch."
Besser als Nachrichten
Georg Schramms Figuren sind nicht seine Feindbilder, sondern im Gegenteil seine Sprachrohre. Auf offener Bühne verwandelt er sich vom norddeutschen Rentner in August, einen aufrechten Altsozi und Ex-Gewerkschafter aus Frankfurt. Gerade hat August erfahren, dass Demenzkranke, wenn sie nicht mehr essen wollen, häufig eine Magensonde eingesetzt bekommen. Kommentar "August": "Wissen Sie, was ich schad find? Dass man net einfach die Luft anhalte kann, wenn ma nimmehr will. Aber das reicht ja noch net amal, wenn ich nix mehr ess! Dann kimmt jetzt einer wie sie mit’n Schlauch. Ham Sie sich vielleicht amal gefragt, warum ihr Mudda nix mehr gesse hat ? Vielleich hat sie nitmehr gewollt, vielleicht hat sie koa Lust mehr gehabt?"
Er weiß, wovon er spricht
Georg Schramm hat Erfahrung mit der Medizin- und Pflegepraxis. Vor seiner Bühnenkarriere arbeitete er 12 Jahre lang als Psychologe in einer neurologischen Reha-Klinik. Am Telefon, weil unterwegs auf Tournee, erklärt er den Hintergrund zur Stelle mit der Magensonde: "Es gibt mittlerweile über eine halbe Million Menschen in Deutschland, die mit einer Magensonde ernährt werden. Das ist medizinisch in noch nicht mal fünf Prozent dieser Fälle indiziert. Man kann Leute mit weniger personellem Aufwand in einem Pflegeheim aufbewahren, indem man sie künstlich ernährt, schlicht und einfach!"
Das Programm "Meister Yodas Ende" ist kein Bad in befreiendem Lachen. Eher schon ein bitter-komischer Anstoß, sich zu empören.
Ein Aufklärer der Herrschaftssprache
"Herrschaftssprache !" ruft die Figur Lothar Dombrowski. Und meint Wortkreationen wie "Finanztransaktionssteuer". Warum bloß nennt man die Sache nicht beim Namen - fragt er sich - und sagt klipp und klar, dass Finanztransaktionen von der Umsatzsteuer befreit sind? "Wenn sie Umsatzsteuer sagen würden, da würde jeder Idiot merken, dass da was nicht stimmt. Weil wir für jeden Käse Umsatzsteuer bezahlen, nur das ist befreit davon. Wenn sie Finanztransaktionssteuer sagen, sagt sofort jeder, kenn ich nicht, hab ich keine Ahnung von. Sie sollen keine Ahnung davon haben! Herrschaftssprache !!"
Solche Aha-Effekte gibt es bei Georg Schramm in Menge. Seine Figuren betreiben politische Aufklärung und bringen Monstrositäten zur Kenntnis, die man noch nicht alle aus den Medien kennt. Meister Yoda, der weise greise Gnom aus "Star Wars", kommt im Programm übrigens nur peripher, als Titelgeber, vor: weil es - nicht zuletzt - um ein Altern ohne faule Kompromisse geht.