Serbiens Grandseigneur der Literatur

Bora Cosic ist 80

Bora Cosic, einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren Serbiens, feiert heute seinen 80. Geburtstag. 1992 hat er aus Protest gegen das Milosevic-Regime Belgrad verlassen und lebt seither im Exil in Berlin und im kroatischen Rovinj.

An die die 50 Bücher hat er geschrieben, Essays, Romane, Lyrikbände und Erzählungen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden; soeben auf Deutsch erschienen ist "Frühstück im Majestic. Belgrader Erinnerungen".

Kultur aktuell, 05.04.2012

Als witziger und skurriler Autoren wurde Bora Cosic gefeiert - nach dem satirisch-polemischen Roman "Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution", der anno 1969 im ehemaligen Jugoslawien zum "subversiven Klassiker" avancierte und seinem Schöpfer ein Publikationsverbot eintrug. Aus der Perspektive eines naiven Kindes erzählt Bora Cosic da vom Alltag einer chaotischen Belgrader Familie und vom komplizierten Gang der großen Geschichte.

Seit zehn Jahren lebt Bora Cosic jetzt im Exil, als Gast ist er für sein jüngstes Buch nach Serbien zurückgekehrt. In "Frühstück im Majestic" unternimmt er vom traditionsreichen Hotel Majestic im alten Zentrum von Belgrad Streifzüge durch die Stadt seiner Kindheit, und in die Vergangenheit der 1930er und 40er Jahre.

Abschied von der Heimat

Heute verbinden ihn mit seiner früheren Heimat nur mehr seine Bücher, die dort erscheinen, meint Bora Cosic, und die Erinnerung: "Es ist nicht die Sehnsucht nach dem alten Regime, es ist die Sehnsucht nach einer Situation, in der man besser gelebt hat."

Aus Protest gegen die Verbrechen von Milosevic ist Bora Cosic 1992 von Belgrad nach Istrien, nach Rovinji gezogen, drei Jahre später weiter nach Berlin und - wie die Kritik bemerkte - seine Bücher wurden immer ernster und trauriger. "Die Zollerklärung" etwa, ein Abschiedsbuch von seiner Heimat, oder "Das Land Null", eine Grabrede auf die ehemalige Republik Jugoslawien, ein radikaler Gedankenmonolog.

"Ich bin pessimistisch, so wie viele in dem Land", sagt Bora Cosic. "Der Konflikt zwischen den demokratischen und nicht-demokratischen Kräften spitzt sich zu. Die Rechten sind im Anwachsen und sie sind mittlerweile auch im Parlament stark vertreten. Das ist eine große Bedrohung bei den kommenden Wahlen."

"Rückzugsgebiet" Poesie

Was die Vergangenheitsbewältigung anlangt, meint Cosic: "Bis heute weicht man dem Thema Kriegsverbrechen aus. In Deutschland wird man kaum jemanden finden, der den Holocaust leugnet, in Serbien dagegen sind es viele, auch intelligente Menschen, die glauben, Srebrenica habe es nicht gegeben."

Eine Rückkehr in die ehemalige Heimat ist für Bora Cosic kein Thema: "Ich wüsste gar nicht, wohin ich gehen sollte,. Das Land, aus dem ich weggegangen bin, gibt es nicht mehr. Mein Rückzugsgebiet, das ist die Poesie."

Bora Cosic. Sein jüngstes Buch "Frühstück im Majestic. Belgrader Erinnerungen" ist in der Übersetzung von Katharina Wolf-Grießhaber im Hanser Verlag erschienen.

Textfassung: Ruth Halle