Massenmord politisch motiviert
Experte: "Terrorist" Breivik
Der norwegische mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik wird neuerlich im Zeugenstand stehen und die Gelegenheit haben, seine wirren Theorien und rechtsextremen Gedanken zu präsentieren. Während Breivik für die Staatsanwälte ein Fall für die Psychiatrie ist, sieht ein Terrorexperte politische Motive hinter den Attentaten und spricht von einem Terrorakt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 18.4.2012
Verena Gleitsmann berichtet aus Oslo
Widersprüchliches Wesen
Es sind abstruse Weltanschauungen und wirre politische Ansichten, die Anders Behring Breivik dem Gericht präsentiert. Und sie stellen sowohl Journalisten als auch Experten vor ein Rätsel. Breivik sei in seinem gesamten Wesen widersprüchlich, sagt der Terrorexperte Tore Björgo von der Polizeihochschule in Oslo. "Behring Breivik ist kein Nazi, im Gegenteil, er macht sich eigentlich über sie lustig. Er ist auch kein Antisemit, er versteht die Juden sogar als seine Verbündeten im Kampf gegen die Muslime. Aber er hat ein ähnliches Verständnis von einem Feindbild, nur redet er von keiner jüdischen Weltverschwörung, sondern von einer muslimischen."
Zorn gegen "Verräter"
Von dieser Vorstellung ist Breivik wie besessen, auch vor Gericht. Immer wieder betont er, mit seinen Taten sein Land gegen Multikulturalismus und Islamisierung verteidigt zu haben. Für die wenigsten ist aber verständlich, warum sich Breiviks Zorn aber dann auf die eigenen Landsleuten entladen hat. Tore Björgo findet die Antwort in Breiviks Manifest: "Sein Argument ist, dass es Verräter unter uns gibt, die das Land nicht vor der vermeintlichen fremden Invasion schützen und sie sogar unterstützen. Der Hass richtet sich mehr gegen diese Verräter in den eigenen Reihen als gegen die Gefahr von außen."
Parallelen zu Oklahoma-Anschlag
Breiviks Tat vergleicht Björgo mit dem Anschlag in der US-Stadt Oklahoma City im Jahr 1995, als eine Bombe im Regierungsviertel fast 170 Menschen tötete, auch damals hätten die Täter das Attentat als eine Art "Strafe" verstanden: "Auch damals waren die Anschläge gegen die Regierungsbehörden gerichtet, auch sie waren in den Augen der Täter Verräter, und die Massenmorde waren gegen die Regierung gerichtet."
"Politisch motivierter Terrorakt"
Eines will der Terrorexperte Tore Björgo in jedem Fall ausschließen: Anders Behring Breivik sei definitiv nicht unzurechnungsfähig: "Es war ganz klar ein politisch motivierter Terrorakt, das war keine Verrücktheit.“ Auch Breivik selbst will, dass seine Taten als politische Anschläge verstanden werden. In den Augen der Staatsanwälte ist Breivik aber ein Fall für die Psychiatrie. Für die Richter wird die Entscheidung wohl sehr schwer werden.