Psychogramm eines Massenmörders
Breivik - ein Psychopath am Ziel
Der mutmaßliche Bombenleger und Massenmörder Anders Behring Breivik tritt vor dem Amtsgericht in Oslo erstmals selbst in den Zeugenstand und hat jetzt fünf Tage die Gelegenheit, dem Gericht seine Weltansichten zu erklären. Psychologen bezeichnen Breivik als klassischen Psychopathen. In seinen eigenen Augen ist er ein Held, der sein Ziel erreicht hat.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 17.4.2012
Verena Gleitsmann aus Oslo
Freude über mediale Aufmerksamkeit
Emotionslos, kalt und selbstgefällig – so präsentiert sich Anders Behring Breivik seit Montag vor Gericht. Seinen Auftritt hat er sich offensichtlich gut überlegt. Es gibt ein Blitzlichtgewitter als er den Saal betritt und die gestreckte rechte Hand zur Faust ballt, die Kameras haben ihn in Großaufnahme. Die gesamte Aufmerksamkeit ruht auf ihm. Und Anders Behring Breivik tut sich schwer, seine Freude darüber zu verbergen. Immer wieder huscht ihm während des Prozesses ein Lächeln über die Lippen.
"Er hat die Zeit seines Lebens"
In seinen eigenen Augen ist Breivik ein Held, sagt die Psychologin Anne Kari Torgelsboen von der Universität Oslo, die sich seit Monaten mit dem Fall Breivik beschäftigt hat. Und dieser Prozess sei für Breivik der Beweis dafür: "Breivik hat eine extrem narzisstische Persönlichkeit entwickelt. Er war ein Mensch mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl, der immer etwas Großes erreichen wollte. Und jetzt hat er sein Ziel erreicht, in dem er ein Massaker verübt hat. Diese Tat hat dazu geführt, dass Journalisten aus der ganzen Welt anreisen, um ihn zu sehen. Er steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Jetzt ist er eine Person von Bedeutung. Breivik hat die Zeit seines Lebens."
"Klassischer Psychopath"
Respekt zeigt Breivik keinen, weder vor den Richtern, die er nicht als Autoritäten anerkennen will, noch vor seinen Opfern. Breivik blickt gelangweilt zu Boden als die 77 Todesopfer namentlich aufgezählt werden. Ungerührt beobachtet er, dass einige Angehörige der Toten in den Zuschauerreihen. Reue zeigt Breivik keine. Die Psychologin: "Man kann Breivik auch als klassischen Psychopathen bezeichnen. Er hat keinerlei Respekt vor den Regeln und Normen der Gesellschaft und er fühlt sich dazu berechtigt, andere Menschen umzubringen um seine Ansicht durchzusetzen, in diesem Fall, dass Multikulturalismus eine Gefahr für Norwegen sei."
Wirre Ideologie
Ab heute Dienstag wird Anders Behring Breivik fünf Tage lang im Zeugenstand sitzen. Sein Anwalt hat angekündigt, dass seine Aussagen wohl viele schockieren werden. Die Psychologin Torgalsboen plädiert dafür, diesen Aussagen nicht viel Beachtung zu schenken: "Die Hauptsache ist, dass er eine Persönlichkeitsstörung hat. Seine Ideologie hat er sich nur gesucht, um seine Taten zu rechtfertigen." Breivik will dem Gericht und dem Land seine Ideologie näher bringen. Aber die ist wirr: Es geht um Tempelritter und Reiter mit Stahlhelmen, Kreuzzüge gegen die Islamisierung, und mysteriöse Geheimverbindungen. Die meisten werden wohl nichts damit anfangen können.