Paris und Berlin gegen EU-Kommission

Streit über Schengen-Regel

Deutschland und Frankreich wollen aus Angst vor illegaler Einwanderung wieder fallweise Grenzkontrollen einführen und darüber auch selbst entscheiden dürfen. Damit ist ein Streit mit der EU entbrannt, die über diese Kontrollen die Oberhoheit haben will.

Jeder Staat solle das Recht haben, bei Bedarf auch die Grenzen innerhalb des Schengenraumes 30 Tage lang überwachen zu dürfen, fordern Berlin und Paris in einem Brief an die dänische EU-Präsidentschaft. Die EU-Kommission will hingegen, dass über derartige Grenzkontrollen künftig nicht die Länder entscheiden sondern die Kommissare.

Abendjournal, 20.4.2012

Aus Brüssel,

Kampfansage an Brüssel

Es ist der nächste Schritt im Streit zwischen den Innenministern und der EU-Kommission. Auf knapp drei Seiten warnen die Minister Deutschlands und Frankreich, dass die Schengen-Außengrenze nicht ausreichend vor illegalen Einwanderern geschützt werde. Gemeint ist damit Griechenland, das mit dem Ansturm von Flüchtlingen nicht zurechtkommt.

Deutschland und Frankreich wollen in solchen Fällen wieder bis zu 30 Tage lang die Grenzbalken hochziehen und Reisende kontrollieren.

EU lehnt ab

Die EU-Kommission will den Ländern dagegen das Grenzmanagement weitgehend aus der Hand nehmen und nur mehr Kontrollen für längstens fünf Tage zugestehen. Für mehr wäre eine Entscheidung auf EU-Ebene nötig. Dementsprechend abweisend die Reaktion von Kommissionssprecher Michele Cercone auf den deutsch-französischen Brief: Wir wollen mehr Europa, indem wir europäische Entscheidungsmechanismen stärken. Damit Entscheidungen, die alle betreffen, auch gemeinsam gefällt werden.

Im Schatten des Wahlkampfs

Die Kommission stößt bei den Innenministern auf breite Ablehnung. Schon derzeit dürfen die Länder für längstens 30 Tage Grenzkontrollen einführen, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist.

Dem jetzigen Brief haftet auch der Geruch des französischen Wahlkampfs an. Präsident Nicholas Sarkozy fischt nach den Stimmen der Rechten und hat schon mehrmals Verschärfungen der Schengenregeln gefordert.