Aktionen zum Mitmachen

Eine politische Berlin Biennale

Am Donnerstag, 26. April 2012, ist in der deutschen Hauptstadt die 7. Berlin Biennale, die größte Schau für zeitgenössische Kunst in Deutschland, eröffnet worden. Unter dem Motto "Forget Fear" - "Vergiss (die) Angst" - präsentieren Künstler ihre Interpretation politischer Ereignisse und Missstände.

Die Biennale ist mit Teilnehmern auch aus dem nicht-künstlerischen Bereich, wie etwa Vertretern der "Occupy"-Bewegung, heuer ausgesprochen politisch, für viele sogar zu aktionistisch.

Kulturjournal, 30.04.2012

Der Berlin-Biennale-Leiter Artur Zmijewski im Gespräch mit

Kultur aktuell, 27.04.2012

Die Wände und der Boden der St. Elisabeth-Kirche in Berlin Mitte - sind weiß ausgekleidet -; der polnische Künstler Pawel Althamer hat hier sein Quartier für den sogenannten Kongress der Zeichner aufgeschlagen. Die Biennale-Besucher sind aufgefordert, mit Bildern statt mit Worten zu kommunizieren, also mitzumachen. Die Botschaft der Aktion soll sich jeder selbst zurecht legen, so Pawel Althamer. Damit agiert der Künstler ganz im Sinne der diesjährigen Berlin-Biennale.

Der polnische Kurator Artur Zmijewski will den Betrachter zum Bürger machen, zum handelnden Subjekt. Doch auch die Künstlerinnen und Künstler selbst sind Teil des Konzeptes, ein höchst politisches Festival zu gestalten, das so weit geht, dass auch Nicht-Künstler eingeladen wurden - wie etwa Vertreter der "Occupy"-Bewegung, die nicht nur die Auftaktpressekonferenz symbolisch besetzt, sondern auch für die kommenden zwei Monate in den Räumlichkeiten der Berliner Kunstwerke ein kollektives Experiment angekündigt haben. Daneben Projekte, die direkt auf politische und soziale Missstände eingehen.

"Ich will, dass die Kultur politisiert wird - genau deshalb haben wir solche Künstler und Projekte eingeladen", sagt Zmiejwksi, "zum Beispiel den riesigen Schlüssel von vertriebenen Palästinensern oder die Kampagne 'Deutschland schafft es ab' von Martin Zet. Wir wollen, dass die Künstler dieser Biennale politisch agieren - das ist unser Hauptziel."

Keine ritualisierte Veranstaltung

Weitere Projekte: Der Palästinenser Khaled Jarrar präsentiert eine Passstempel-Aktion für den nicht-existierenden Staat Palästina, oder "Rebranding European Muslims" der israelischen Künstlergruppe Public Movement, ein Projekt, das im Auftrag des steirischen herbstes 2012 entsteht und bereits jetzt an der Berlin Biennale teilnimmt.

Am Wochenende wird in der deutschen Hauptstadt die Schlacht um Berlin während des Zweiten Weltkriegs nachgespielt - etwas, das Berlin derzeit gar nicht braucht und deshalb wird's gemacht, so der Kurator.

Die israelisch-niederländische Künstlerin Yael Bartana führt ihre Aktion fort, die Rückkehr von mehr als drei Millionen Juden nach Polen zu erwirken. Im Projekt "Berlin-Birkenau" werden 150 Birkensetzlinge aus dem Konzentrationslager Auschwitz in der Stadt gepflanzt, in der Friedrichstraße, nahe dem ehemaligen Checkpoint Charlie, wird eine Mauer aufgezogen.

Puren politischen Aktionismus nennen das die gar nicht so wenigen Kritiker der diesjährigen Berlin Biennale. Hier soll Kunst zugunsten politischer Agitation einfach abgeschafft werden, heißt es. Die Berlin Biennale - sie gilt immerhin als wichtigste Plattform für zeitgenössische Kunst in Deutschland - soll heuer jedenfalls keine geschlossene, ritualisierte Veranstaltung darstellen. Sie scheint sich selbst als Gesamt-Kunstprojekt zu verstehen, das erst im Entstehen ist. Ob das Experiment gelingt, wird man spätestens Ende Juni sehen.

Textfassung: Ruth Halle

Service

Berlin Biennale