Zur Meinungsfreiheit in der Türkei

Ece Temelkuran in Wien

"Pressefreiheit und die Lage der Opposition in der Türkei" war das Thema am 2. Mai 2012 im Kreisky-Forum. Die türkische Journalistin und Autorin Ece Temelkuran war dort als Gast des Wiener Instituts vidc.

Ece Temelkuran ist eine der bekanntesten Journalistinnen des Landes, eine Kämpferin für die Meinungsfreiheit, von der die Türkei meilenweit entfernt ist, wie sie berichtet. Durch ein vage formuliertes Anti-Terrorgesetz werden immer mehr Journalisten und Autoren verfolgt.

Kultur aktuell, 03.05.2012

Die Zahl inhaftierter Journalisten in der Türkei hat sich in einem Jahr fast verdoppelt: Das ist das Ergebnis einer OSZE-Studie, die vor kurzem präsentiert wurde. 95 Journalisten sitzen im Gefängnis, angeklagt nach dem Anti-Terror-Gesetz wegen der angeblichen Unterstützung einer Terrororganisation. Ein Gesetz, um eine obrigkeitshörige Gesellschaft zu schaffen, die fügsam ist, wenn es darum geht, einen Krieg zu beginnen, sagt Ece Temelkuran. Auch wenn es der Westen nicht glauben will, von Demokratie kann im Zusammenhang mit der Türkei keine Rede sein.

Angst vor Verhaftung

Seit Jahren schreibt Ece Temelkuran über das, was in ihrer Heimat als Tabuthema gilt: über das Verhältnis zwischen Türken und Armeniern, über die Kurden und nicht zuletzt auch über Meinungsfreiheit und ihre inhaftierten Kollegen. Im Vorjahr hat Ece Temelkuran deshalb ihren Job verloren, seit Dezember lebt sie in Tunesien.

"Ich werde nicht strafrechtlich verfolgt, es ist vielmehr diese Unsicherheit", meint Tenelkuran. "Nachdem ich weiß, dass fast alle Verurteilungen mit obskurem Beweismaterial passieren oder überhaupt ohne Beweisführung - das schüchtert ein. Wenn sie dich verhaften, dann kommen sie meistens um fünf oder sechs in der Früh. Also immer um fünf oder sechs wacht man auf - dort will ich nicht länger leben."

Dass die Angst vor einer Verhaftung bei ihren Kollegen zu Selbstzensur führt, liegt auf der Hand. Es gehe aber nicht nur um die inhaftierten Journalisten, betont Ece Temelkuran, es gibt in der Türkei Tausende politische Gefangene und eine wachsende Angst in der Bevölkerung. Dass Telefongespräche abgehört werden, ist an der Tagesordnung, und passiert ganz offen. Als Argument hört man: Wenn du nichts zu verbergen hast, hat du nichts zu befürchten.

Keine echte Opposition

Wenn man die islamisch-konservative Regierungspartei kritisiert, wenn man etwas gegen die AKP sagt, gilt man als Feind der Demokratie und wird als Faschist beschimpft, sagt Ece Temelkuran. Und: Es gibt keine Opposition, die denen, die an der Macht sind, etwas entgegensetzen könnte - das mache ihr am meisten Angst.

Von Tunesien aus schreibt Ece Temelkuran weiterhin über die Türkei und das Problem der Meinungsfreiheit - auf Englisch für die Beiruter Zeitung "Al-Akhbar". Da wird sie dann auch berichten, dass ihr Land im jüngsten Pressefreiheit-Ranking auf Rang 148 abgerutscht ist - auf Rang 148 von insgesamt 178 Ländern.

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