Szenische Lesung "Fräulein Gustl"

Fräulein Else und Leutnant Gustl vereint

Arthur Schnitzler zeichnet in seinen Novellen "Leutnant Gustl" und "Fräulein Else" mit dem Stilmittel des inneren Monologs eindringliche Zeit- und Sittenbilder. Beide Titelfiguren verstricken sich in einem Geflecht aus gesellschaftlichen Zwängen - oder vielmehr dem, was sie für zwingend halten.

Rechtzeitig zum 150. Geburtstag Arthur Schnitzlers am 15. Mai, dem ja auch Österreich 1 einen Radio-Schwerpunkt widmet, bereitet eine illustre Truppe die beiden Novellen "Leutnant Gustl" und "Fräulein Else" neu auf. Es lesen Natalie Ofenböck und Nino Mandl, Musikanten aus deren Kollektiv Krixi, Kraxi und die Kroxn spielen dazu unter der Leitung von Stefan Sterzinger.

Getauschte Rollenmuster

Die szenische Lesung mit Musik wartet mit einem Geschlechtertausch auf: Nino verkörpert Else, Natalie Gustl. Außerdem wurden die Texte auch noch zerlegt und neu zusammengesetzt. Leutnant Gustl sieht sein übertriebenes Standesbewusstsein derart infrage gestellt, dass er glaubt, seine Ehre nur durch Selbstmord retten zu können. Das Bürgertöchterchen Fräulein Else wiederum empfindet sich als Gefangene zwischen äußerer Nötigung und ihrer Körperlichkeit.

Arthur Schnitzler beschreibt pointiert das Zusammenspiel von psychologischen Mechanismen und der individuellen Interpretation von Normen. Die Rollenmuster der späten Kaiserzeit mögen freilich Geschichte sein, die Adaption bietet jedoch aktuelle Zugänge an. Die Frage, wo selbstbestimmtes Handeln beginnt und wie weit es möglich ist, verliert ihre Gültigkeit nicht. Natalie Ofenböck und Nino Mandl haben versucht, Schnitzlers innere Monologe zum Dialog zu verknüpfen.

Am 10., 15. und 17. Mai wird die Schnitzler-Neuinterpretation "Fräulein Gustl" in der Wiener Arena Bar aufgeführt. Die Lektüre der Novellen vorab ist nicht zwingend erforderlich, es sei denn man fühlt sich durch gesellschaftliche Konvention verpflichtet.

Service

Wienbibliothek - Fräulein Gustl