Für Verpflichtung fehlt ein Gesetz
Kurz drängt auf zwei Jahre Kindergarten
In zwei Modellregionen in Salzburg und Niederösterreich soll erprobt werden, was ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr bringt. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) hat gemeinsam mit den beiden zuständigen Landesrätinnen das Vorhaben präsentiert. Der Schönheitsfehler dabei: Die rechtliche Basis fehlt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.5.2012
Geld anders ausgeben
Für Kurz liegt es auf der Hand: Geld zu investieren, um Kindern beim Deutsch lernen zu helfen, erhöhe nicht nur die Chancengleichheit, es rentiere sich auch finanziell: Laut Studie der Wirtschaftsuni Wien nutze jeder investierte Euro dem System doppelt und helfe so Kosten sparen. Eigentlich sei genug Geld vorhanden, findet Kurz. Es müsse nur anders verteilt werden. Für das Nachholen von Bildungsabschlüssen würden 55 Millionen Euro ausgegeben und nur 30 Millionen für die Frühförderung. Und es sollte doch möglich sein, dieses Verhältnis umzudrehen, so Kurz.
Gesetz fehlt
Im Oberpinzgau in Salzburg und im Bezirk St. Pölten in Niederösterreich soll jetzt erprobt werden, wie sich ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle Vierjährigen, die schlecht Deutsch können, auswirkt. Angesprochen werden hier nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern auch solche, die trotz deutscher Muttersprache Probleme haben. Aber wenn im Zuge des Pilotprojekts bei einem Kind sprachliche Defizite entdeckt werden, dann können die Eltern derzeit nur dazu bewogen werden, ihr Kind schon mit vier in den Kindergarten zu geben, aber nicht verpflichtet. Dafür bräuchte es ein Gesetz.
Keine Kostenfrage
Die beiden zuständigen Landesrätinnen Tina Widmann aus Salzburg und Barbara Schwarz aus Niederösterreich sind dennoch von dem Projekt überzeugt, weil es eine Maßnahme zur Chancengleichheit sei. Die zusätzlichen Kosten für das Pilotprojekt tragen die beiden Länder. Sie dürften sich aber in Grenzen halten, da in Niederösterreich bereits jetzt 90 Prozent der Vierjährigen im Kindergarten sind, in Salzburg 80 Prozent. In Niederösterreich ist für sie der Kindergartenbesuch am Vormittag gratis, in Salzburg müssen die Familien einen Kostenbeitrag von 25 Euro für den Vormittag leisten.
"Pflicht für alle, die es brauchen"
Das soll sich ändern, wenn es zu einer bundesweiten Regelung kommt, wünscht sich Integrationsstaatssekretär Kurz: Das zweite Kindergartenjahr soll "gratis für alle" und "verpflichtend für alle, die es brauchen" sein. Beim ersten verpflichtenden Kindergartenjahr habe es von der Idee bis zur Umsetzung drei Jahre gedauert. Kurz hofft, dass es beim zweiten Kindergartenjahr ähnlich laufen wird. Er wäre froh, wenn es in zwei Jahren österreichweit gelten würde. Aber auch "in vier Jahren ist besser als gar nicht."