Mit ehrenvoll schmutzigen Händen
Dirk Stermanns Faible für Fischzucht
Eine Zunft hebt der Unterhaltungskünstler Dirk Stermann besonders aufs hohe Podest: Die Fischzucht! Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Christiane Kada präsentierte Stermann soeben das Kochbuch "Frische Fische", eine Reminiszenz an Helden, die sich in Ausübung ihres Könnens noch die Hände ehrenvoll schmutzig machen.
27. April 2017, 15:40
"Als Kind war ich fasziniert von einem Tankwart, bei dem meine Mutter immer tankte", erzählt Stermann. "Der hatte immer ölverschmierte Hände, und ich hatte großen Respekt davor! Und bei der Fischzucht ist es so, dass diese Leute das, was sie machen, unglaublich gut beherrschen. Das berührt mich, dass die alle Komponenten ihrer Arbeit einschätzen können. Die wissen, wenn der Himmel so und so ist, dann hat das für das Futter diese und jene Bedeutung. Und das Haptische spielt auch eine Rolle. Als Kind war es der Tankwart, heute sind es alle Leute, die verschmierte Hände haben."
Mit vollem Körpereinsatz
Schwitzen ist das Schmieröl des Bühnenkünstlers.
Seit etwa fünf Jahren moderiert Dirk Stermann, gemeinsam mit seinem kongenialen Partner Christoph Grissemann, die ORF1-Late-Night-Show "Willkommen Österreich"; schon viel länger führt er mit Grissemann den abseitigen und abgründigen FM4-"Salon Helga", und noch bis 20. Juni tritt Stermann im Grazer Schauspielhaus auf, wo er mit Grissemann und anderen illustren Gästen unter der Regie von Fritz Ostermayer die schönsten Schlussszenen klassischer Dramen nachspielt.
Dirk Stermanns Erfolgsrezept für alle seine Unterfangen: hundertprozentiger Körpereinsatz: "Auf der Bühne versuche ich immer zu schwitzen - das ist die ölverschmierte Hand des Bühnenkünstlers. Jede Arbeit, die auch eine körperliche Komponente hat, finde ich - als jemand, der aus dem Ruhrpott kommt - gut. Ich habe ein strenges Arbeitsethos, was das betrifft."
Zehn Tonnen Karpfen
Als Arbeit in ihrer schönsten Ausprägung hat Dirk Stermann die Fischzucht auf Gut Hornegg im steirischen Hügelland kennengelernt. Seit vielen Generationen betreibt hier die Familie von Stermanns Kochbuch-Ko-Autorin Christiane Kada Fischzucht. Im November, wenn das große Abfischen stattfindet, werden die Fische aus einem großen Teich über einen Kanal in verschiedene Nebenteiche geleitet. Ein höchst eindrucksvolles Bild, erzählt Dirk Stermann:
"Das kann man sich nicht vorstellen, wie das ausschaut, wenn sich dort von 20 Tonnen etwa 10 Tonnen Karpfen nebeneinander drängen, das Wasser wird immer weniger, die Fische schnappen nach Luft, das schaut unglaublich archaisch aus! Und dann die Geräusche: die knarzen, die Fische! Und die Leute sind alle voller Fischschuppen, man trägt ein Fischergewand. Das klingt so einfach, aber wenn man in die Teiche stapfen muss, dann kippst du auf dem gatschigem Grund ganz leicht um und musst gerettet werden. An die 20 Leute sind am Geschehen beteiligt, nicht zuletzt begegne ich dort also Menschen aus dem Dorf, die ich sonst nie kennenlernen würde."
Christiane Kadas Bruder Heiner Holler stellte den elterlichen Betrieb vor zehn Jahren auf biologische Zucht um und ging daran, die Fische direkt ab Hof bzw. auf nahegelegenen Bauernmärkten zu verkaufen. Er legt Wert darauf, nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch unabhängig von Konzernen und gewieften Geschäftemachern zu agieren. So lehne er zum Beispiel "Alpensaiblinge" ab, weil sich jemand ein Monopol darauf verschafft habe, erzählt Stermann, "das ist eine Art Fisch-Nespresso in Wahrheit".
Haltung gegenüber der Umwelt
Die naturnahe Haltung von Fischen ist eine politische Einstellung, meint Dirk Stermann, denn der Züchter zeige Haltung gegenüber der Umwelt und den großen Märkten. Beim Fischgenuss selbst treten derlei Überlegungen aber dann doch in den Hintergrund, gesteht Stermann, denn Fisch zu essen sei nicht politisch, "ich würde auch einen rechten Fisch essen!"
Für Dirk Stermann bedeutet die Auseinandersetzung mit dem kunstvollen Handwerk der Fischzucht auch eine Ausnahmesituation: Er fühlt sich dem Alltag enthoben, wenn er in seinen Fischerstiefeln, mit einem alten Netz bewehrt, an den Teichen des Guts Hornegg steht und sich die Hände ehrenvoll schmutzig macht.
Service
Stermann & Grissemann
fm4.ORF.at - Salon Helga
tv.ORF.at - Willkommen Österreich