Günther Wallraff deckt wieder auf

"Arbeitsbedingungen, die ruinieren"

Unmenschliche Arbeitszeiten, lächerliche Bezahlung, hohes Unfallrisiko. Kurz: Ausbeutung mit System: So prangert der deutsche Aufdeckerjournalist Günther Wallraff die Arbeitsbedingungen beim Paketzusteller GLS an. Nach mehreren Wochen verdeckter Recherche, findet er dafür drastische Worte.

Morgenjournal 31.5.2012

Aus Berlin, Maria Seifert

"Moderne Sklaverei"

Mehrere Wochen lang war der deutsche Journalist Günther Wallraff mit verdeckter Identität bei dem europaweit tätigen Paketzusteller GLS unterwegs. In Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung Die Zeit und RTL hat er dort über die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter recherchiert. Sein Ergebnis: das Unternehmen betreibe eine Form von moderner Sklaverei. Die Arbeitnehmer und Paketzusteller müssen Arbeitsdienste bis zu 14 Stunden übernehmen und das zu Dumpingpreise von Stundenlöhnen von drei bis fünf Euro. Wallraff ist über die Arbeitsverhältnisse schockiert: "Wie kann es sei, dass ein Berufskraftsfahrer 12 bis 14 Stunden ohne die vorgegebenen Ruhepausen auf der Straße unterwegs ist? Eine Gesetzeslücke macht das möglich! Lieferwagen brauchen nämlich keinen Fahrtenschreiber. Der Fahrer muss nur ein Fahrtenkontrollbuch führen," erklärt Wallraff. In diesem Fahrtenkontrollbuch lassen sich die vorgeschriebenen Pausen ganz einfach eintragen. Auch, wenn der Fahrer sie aus Zeitgründen gar nicht machen kann.

Schwere Pakete

Die Pakete beim Zusteller GLS sind teilweise bis zu 40 Kilo schwer. Vom Depot bis zur Auslieferung müssen sie im Schnitt bis zu fünf Mal gehoben werden. Einer der Fahrer, die Günther Wallraff auf ihren Touren begleitet hat, ist Andreas Fischer. "Auf meiner schlimmsten Tour mit Günther, hatte ich 1,4 Tonnen. Wenn man das mal fünf rechnet, dann hat man über den Tag verteilt einen Kleinlaster geschleppt," sagt Fischer.

GLS übernimmt keine Verantwortung

Der zweite Kritikpunkt Wallraffs ist, dass GLS alle Risiken abwälzt. Laut seiner Reportage sind die Fahrer nicht direkt, sondern über Subunternehmen angestellt, die für die Fahrer verantwortlich sind. Diese Subunternehmen werden pro Paket bezahlt. GLS verändere die Preise aber vollkommen willkürlich, sagt ein ehemaliger Subunternehmer: "Die haben mich wirklich reingelegt mit den Preisen." Versprochen wurden 1,60 Euro, am Ende bekam er jedoch nur 1,38 Euro pro Paket. Für einen Durchschnittsunternehmer mit sechs Wagen bedeutet das einen Verlust von 3500 Euro pro Monat. Laut Wallraff würden viele dieser Subunternehmer bewusst in die Insolvenz getrieben. Von GLS liegt bisher keine Stellungnahme zu der Reportage vor. Um die 366 Fahrer von GLS, die in Österreich beschäftigt sind, geht es in der Reportage übrigens nicht. Günther Wallraff hat für seine Reportage ausschließlich in Deutschland recherchiert.

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