Genuss im Kunsthistorischen Museum

Weinkultur durch die Jahrhunderte

In einer "Intermezzo" genannten Ausstellungsreihe zeig das KHM regelmäßig Themenausstellungen, ausschließlich mit Werken der verschiedenen Abteilungen des Hauses. Die bisher vierte wird jetzt eröffnet: Unter dem Titel "Kunst_voller_Wein" werden Gegenstände, Gemälde, Skulpturen, eine Tapisserie und Skurriles zum Thema Dionysos bzw. Bacchus und Wein gezeigt.

Kulturjournal, 04.06.2012

Wein ist ein uraltes Kulturgut, Nahrungs-, Genuss- oder Rauschmittel, aber auch Kult und als solcher seit der griechischen Antike mit Dionysos - in Rom dann Bacchus - verbunden. Dionysos war Hüter von Recht und Ordnung, aber er wird auch immer mit orgiastischen Feierlichkeiten, den Bacchanalien, in Verbindung gebracht.

So sind Darstellungen von Dionysos gleich eingangs der Ausstellung etwa als antike römische Statue im Mittelpunkt der Schau - wobei diese Darstellungen vom jugendlich-schlanken, oft androgynen Wesen bis zum korpulenten Trunkenbold gehen.

Bacchanalien, also ausgelassene Feiern mit Weinexzessen, wurden dann im alten Rom schon auch einmal genützt, um unter dem Vorwand der Trunkenheit etwa politische Gegner physisch zu eliminieren. Und so wurden die Bacchanalien dann per Gesetz verboten. Die Ausstellung zeigt so ein Exemplar des Gesetzestextes aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, das überall im Reich angebracht werden sollte.

Makabre Pokale

Die alten Griechen tranken übrigens den Wein immer mit Wasser gemischt. Wein pur zu trinken war verpönt, sagt Kurator Konrad Schlegel, das taten nur Alkoholiker. Davon zeugen zahlreiche antike, bemalte irdene Gefäße, Krüge aber auch Trinkschalen. An ein makabres Geschehen aus der Völkerwanderungszeit erinnern die an zwei dekorativen, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Elfenbeinpokalen angebrachten Reliefs. Es zeige "die schaurige Episode des Langobarden-Königs Albuin", so Kurator Konrad Schlegel, der im 7. Jahrhundert aus dem Kopf seines Kriegsgegners einen Trinkbecher fertigen ließ. Die beiden Pokale werden übrigens, wie andere Objekte der Ausstellung auch, ab kommendes Frühjahr in der Kunstkammer zu sehen sein.

Schon immer waren die Trinkgelage mit Spielen verbunden. Ein Beispiel, wobei Trinkschalen mit zwei Henkeln benutzt wurden, ist ein Spiel, "wo man den Finger in einen der Henkel eingespannt hat, dann hat man das Gefäß geschwenkt und versucht, mit dem Wein ein bestimmtes Ziel zu treffen", erzählt Kurator Konrad Schlegel.

Trinkfestigkeit erforderlich

Weniger harmlos ging es in Tirol zu, davon zeugt der sogenannte "Ambraser Fangstuhl", der ein wenig wie ein entfernter Verwandter eines elektrischen Stuhles aussieht. "Sie sind zu Gast in Schloss Ambras bei Erzherzog Ferdinand in Tirol, sehen diesen wunderbaren Eisensessel, setzen sich nieder und durch einen Seilzug, der unter dem Polster angebracht ist, werden Fangarme ausgelöst und fixieren ihre Oberschenkel, den Bauch und ihre Oberarme", erzählt Kurator Georg Plattner, "und dann tritt der Hausherr an Sie heran mit der Trinkprobe: Er reicht Ihnen das in Murano gefertigte Glasgefäß voll mit Wein - das ist ein guter halber Liter, der da hineinpasst; für Damen gibt es übrigens eine kleinere Variante -, und dann werden Sie angehalten, dieses Glas in einem Zug zu leeren". Diejenigen, die es geschafft hatten, durften sich in ein ebenfalls ausgestelltes Buch eintragen, wobei einige Schriften schon ziemliche Zitterspuren zeigen.

Harmloser sind da schon als Statuetten getarnte Trinkgefäße, die allerdings auch schon über die Inhaltsmenge täuschen können beziehungsweise sollen. Apropos Trinkgefäße: Die zahlreichen Ausstellungsstücke zeigen eine äußerst breite Vielfalt an Formen und Materialen, von Ton und Keramik über Kokosnuss, zu Glas, Gold und Bergkristall, und anderen Edelsteinen.

Die Ausstellug "Kunst_voller_Genuss" zeigt, wie durch die Jahrhunderte der Wein Künstler, Kunsthandwerker und Mäzene auf unterschiedlichste Weise inspiriert hat.

Textfassung: Ruth Halle

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Kunsthistorischen Museum ermäßigten Eintritt (EUR 3,-).

KHM - Kunst_voller_Wein