Moskau ordnet Ölsektor neu
In Russland nimmt der Staat die Ölindustrie an die kurze Leine. Nachdem sich der britische Ölkonzern BP aus Russland zurückziehen dürfte, plant der Kreml offenbar bereits eine Neuordnung des Ölsektors unter staatlicher Kontrolle.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 23.6.2012
Aus Moskau berichtet Markus Müller.
Staatliche Führung
Es geht um Macht und viel Geld. Russland war lange Jahre der größte Erdölproduzent der Welt, bis es letztes Jahr knapp von Saudi-Arabien überholt wurde. Doch anders als im Gasbereich, den der staatliche Konzern Gasprom deutlich dominiert, wird der Großteil des russischen Öls von privaten Firmen gefördert - das soll sich jetzt offenbar ändern: Der Konzern Rosneft soll hier die Führung übernehmen. Die Gründung einer neuen Ölkommission direkt im Präsidialapparat ist dafür ein klares Zeichen, noch deutlicher wird es durch die Bestellung des Rosneft-Chefs und Putin-Vertrauten Igor Sechin zum Leiter der Kommission.
Und Putin hat bei der Eröffnung einer neuen Raffiniere in Südrussland Anfang des Monats die Marschrichtung vorgegeben: "Russlands Öl- und Gasindustrie sind ein wesentlicher Teil unserer Volkswirtschaft. Rosneft übernimmt hier jetzt die Führung, das ist eine gute Sache, denn so kann es auch im Wettbewerb mit unseren Freunden und Partnern aus dem Ausland bestehen."
Ex-Chodorkowski-Firma
Rosneft ist im Wesentlichen durch die Übernahme der Ölfelder des früheren Konzerns Jukos entstanden, nachdem dessen Gründer Michail Chodorkowski ins Gefängnis geworfen worden und Jukos zerschlagen worden war. Rosneft ist heute der größte russische Ölproduzent, aber trotzdem nur einer von mehreren. Offiziell steht Rosneft zwar auf der Liste der Firmen, die teilweise privatisiert werden sollen. Dass der Staat seine Kontrolle aufgibt, glaubt aber niemand.
Kampf um neue Ressourcen
Eine Möglichkeit für Rosneft zu wachsen ergibt sich jetzt durch den geplanten Rückzug von BP aus Russland. BP gehört gemeinsam mit einer Gruppe von Oligarchen der drittgrößten russischen Ölkonzern TNK-BP. Nach einem bitteren und langjährigen Streit mit seinen Ko-Eigentümern hat BP jetzt angekündigt, seinen Anteil verkaufen zu wollen. Die Oligarchen haben bereits ihr Interesse angekündigt, fraglich ist aber, ob sie es sich mit dem Kreml und Setschin verscherzen wollen. Denn es gibt viel zu verdienen: Durch die globale Erwärmung werden neue Gas- und Ölfelder in der Arktis und dem russischen Fernen Osten zugänglich, die jetzt vom Staat neu ausgeschrieben werden. Rosneft ist bereits mit dem amerikanischen Konzern ExxonMobile eine Partnerschaft eingegangen, um so Zugang zur nötigen Technologie für die Ölförderung unter extremen Bedingungen zu bekommen. Wollen auch die anderen russischen Konzerne an diesem Kuchen mitnaschen, müssen sie sich an die neuen Regeln halten, die der Kreml vorgibt. Und die sagen: Der Staat spielt ab sofort die erste Geige.