Vom antiken Olympia bis ins 21. Jahrhundert

Kulturgeschichte des Sports

Der deutsche Historiker Wolfgang Behringer erzählt in seinem Buch die Kulturgeschichte des Sports vom antiken Olympia bis ins 21. Jahrhundert. Behringer beschreibt die Sportgeschichte als Alltagsgeschichte, wie sich Sport im Lauf der Jahre verändert hat.

Für Fußballspieler und Fans wohl undenkbar: die Anzahl der Spieler war je nach Belieben, jeglicher Körpereinsatz war erlaubt, nur Mord und Totschlag waren verboten, das Spielfeld war nicht eingegrenzt, als Tore dienten oftmals nur die Stadttore und die Spieldauer konnte sich von in der Früh bis spät am Abend erstrecken.

So beschreibt ein Ordenspriester aus Nottinghamshire Anfang des 11. Jahrhunderts die damals vorherrschenden Sitten bei Fußballspielen, besser gesagt bei Fußballschlachten.

Wolfgang Behringer schildert auf knapp 400 Seiten alles, was man über die Geschichte des Sports wissen sollte: Er erzählt vom Ursprung: den Griechen und den Olympischen Spielen, den römischen Gladiatorenkämpfen und Ritterturnieren als Zeitvertreib für den Adel, während sich das Volk mit Steinschlachten und Fäusten bekämpft.

Besonders interessant ist Behringers "Kulturgeschichte des Sports" dank der Detailverliebtheit des Autors. Behringer schreibt nicht nur über Sportarten und den Sport an sich, er erklärt akribisch Zusammenhänge zu historischen Ereignissen und sportliche Anekdoten über Kaiser Karl V, Heinrich VIII und Isaac Newton.

Er erklärt die sprachliche Herkunft vieler Begriffe aus dem Bereich Sport und Redewendungen, die ihren Ursprung im Mittelalter haben und noch immer aktiv in unserem Wortschatz verwendet werden. Sagt man heute beispielsweise: "Jemand wirft seinen Hut in den Ring", dann möchte dieser sich bemerkbar machen. Bis zum 19. Jahrhundert war das allerdings die Geste, mit der man den Sieger eines Boxkampes herausgefordert hat.

Auch die Weisheit "Mens sana in corpore sano", die heute oft als Werbespruch für Gesundheits- und Fitnessprodukte dient, hatte ursprünglich eine andere Bedeutung: Der römische Dichter Juvenal hatte mit seiner Aussage "In einem gesunden Körper wohnt auch ein gesunder Geist" eine andere Intention.

Können und Eleganz statt Hiebe und Fäuste lautet das Credo in der frühen Neuzeit, Fußballschlachten weichen täglichen Leibesübungen. Der moderne Sport entsteht, Mediziner und Pädagogen erkennen die Wichtigkeit der sportlichen Betätigung. Dank des Buchdrucks verbreiten sich im 16. Jahrhundert auch Spielregeln und Sporthandbücher und tragen so zu zur Entstehung einer europäischen Sportkultur bei.

Beim Tennis beispielsweise wird heute noch genauso gezählt wie vor über 500 Jahren. Auch zu Sportarten wie Ringen und Fechten, Bodenturnen und Voltigieren, akrobatischen Übungen und Tanzsport wird Literatur verfasst. Der Straßburger Schulreformer Johannes Sturm stellt in seinem Gymnasium sogar mehrere "Spielmeister" ein, in seiner Schulordnung im Jahr 1587 wird festgehalten.

Ein kleiner gelber Ball spielt auch in Paris eine große Rolle, die französische Hauptstadt wird im 15. Jahrhundert zur Tennis-Hauptstadt mit über 100 Tennisplätzen. Der Adel hat nicht nur in Paris den Tennisschläger geschwungen, die berühmteste Sporthalle der Weltgeschichte steht in Versailles, schreibt Behringer.

Orte ehemaliger Sporthallen, die zu Theatern oder Tanzhäusern umgebaut wurden, sind im architektonischen Gedächtnis erhalten geblieben, wenn auch nur teilweise: Ballhausstraßen oder zum Beispiel der Ballhausplatz in der Wiener Innenstadt waren einstige Sportstätten.

Wolfgang Behringer schreibt auch ausführlich über den Mythos der größten Spiele im Altertum, die Olympischen Spiele. Im 20. Jahrhundert waren zeitweise eher unübliche Sportarten bei den Spielen zugelassen: Tauziehen, Kanonenschießen, Drachenfliegen, Tauben schießen, Lebensretten, Seilklettern, Hundeschlittenrennen, Cricket, Crocket und Kunstreiten.

Im wenigen Wochen treten die Athleten in 26 eher klassischen Sportarten an, London ist als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2012 die einzige Stadt der Welt, die zum dritten Mal die Spiele austragen darf. Sport hin oder her, schreibt Behringer am Ende seines Buches, trotz Kommerz, Höchstleistungs- und Rekordmanie sprechen wir immer noch von "Spielen".

Service

Wolfgang Behringer, " Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis ins 21. Jahrhundert", C.H.Beck Verlag