Nach Gipfel: Skepsis im EU-Parlament
Wenige Tage nach dem EU-Gipfel Ende letzter Woche wachsen wieder die Zweifel, ob der als Durchbruch gefeierte Weg zu einer Stabilisierung des Euro wirklich haltbar ist. Im Europaparlament präsentierten Ratspräsident Van Rompuy und Kommissionspräsident Barroso ein zuversichtliches Bild, das von vielen Abgeordneten nicht geteilt wurde.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.7.2012
Aus dem EU-Parlament berichtet Raimund Löw.
Hoffnung Bankenaufsicht
Es ist ein grundsätzlich positiver Bericht, den Ratspräsident Herman van Rompuy den Europaabgeordneten präsentiert. Der Gipfel sei zeitweise schwierig gewesen, gesteht der Ratspräsident ein, aber schließlich habe man sich auf die richtige Mischung von langfristiger Orientierung und kurzfristigen Hilfsmaßnahmen geeinigt. Das Kernstück sei dabei die geplante zentrale europäische Bankenaufsicht, die es Europa ermöglichen werde, viel direkter als bisher das Innere der Finanzwelt unter die Lupe zu nehmen. "Wir haben es mit einem Durchbruch zu tun", versichert Herman van Rompuy. "Die europäische Bankenaufsicht wird das Bindeglied zwischen kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen."
Sorge wegen Nationalismus
In der angespannten Nacht von Donnerstag und Freitag wäre der Gipfel allerdings fast geplatzt - auf Grund der harten Konfrontationen zwischen Italien und Spanien, die auf dringende Sofortmaßnahmen drängten, und der auf der Bremse stehenden deutschen Kanzlerin Merkel. Angela Merkel hat schließlich nachgegeben. Die nationalen Untertöne, die seither zu hören sind, beunruhigen die grüne Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms. So führe kein Weg aus der Krise, warnt Harms. Die Grünen im Europaparlament drängen darauf, die geplante Bankenaufsicht im Eilverfahren schon im Herbst einzurichten, und nicht erst auf das Ende des Jahres zu warten.
Veto als "Skandal"
Heftige Kritik an Finnland und den Niederlanden kommt vom sozialdemokratischen Fraktionschef Hannes Swoboda. Haben doch die Regierungen in Helsinki und Den Haag im Nachhinein ein Veto gegen ein flexibleres Eingreifen des Euroschutzschirmes angekündigt. Hannes Swoboda fragt die Premierminister der beiden Länder rhetorisch, ob sie den Gipfel verschlafen hätten oder die Beschlüsse nicht verstanden, "oder wollen Sie zuhause was anderes sagen als in Brüssel." Das sei jedenfalls ein "Skandal" und er fordere die beiden Ministerpräsidenten auf, sich zum Gipfelergebnis zu bekennen, so Swoboda.
"EUdSSR neuen Zuschnitts"
Das Europäische Parlament ist bei den Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs weitgehend Zuschauer, was viele Europaabgeordnete empört. Zum Sprecher der Fundamentalkritiker macht sich der österreichische BZÖ-Europaabgeordnete Ewald Stadler. Er kritisiert, dass eine falsche Politik weiter institutionalisiert werde - durch eine Fiskalunion, eine Wirtschaftsunion, eine politische Union: "Eine Art EUdSSR neuen Zuschnitts", so Stadler, der der "Viererbande" vorwirft, einen "kalten Staatsstreich" vorzubereiten.
Widerstand, weil Bewegung
Schnelle Lösungen kann es nicht geben, wendet Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ein. Aber der heftige Widerstand gegen ein stärkeres Europa sei doch nur deshalb da, weil es Bewegung in genau diese Richtung gibt. Dass die Lösung der europäischen Kris ein längerer Prozess wird, mit Aufwärtsbewegungen und Rückschlägen, darin ist man sich einig.